Erst kürzlich hat Deutschland einen
Weltmeistertitel verpasst, doch hat das in Deutschland bei niemandem
Bestürzung ausgelöst. Denn auch der dritte Platz bei der Fußball-WM
in Südafrika war ein toller Erfolg für das junge deutsche Team um
Bundestrainer Joachim Löw.
Zuvor hatte Deutschland bereits einen anderen Titel wieder abgeben
müssen: den des Export-Weltmeisters. Er ging an China und dürfte dort
auch für lange Zeit verbleiben. Und wieder sollte darüber niemand so
richtig traurig sein in Deutschland. Denn China ist eine überaus
dynamische Volkswirtschaft mit einer Milliarden-Bevölkerung. Da kann
Deutschland nicht mehr mithalten.
Zudem nimmt dieser Titelverlust den Kritikern am deutschen
Wirtschaftsmodell mit seiner hohen Exportquote etwas Wind aus den
Segeln. Die Kritiker sitzen vor allem links des Rheins, in
Frankreich, das traditionell nur über sehr selektive Exporterfolge in
einzelnen Produktnischen zu berichten weiß und insgesamt schon seit
Jahren leichte Defizite in der Außenhandelsbilanz fährt. Man kann
sich gut vorstellen, dass dort wieder ein Aufschrei der Entrüstung
erschallen dürfte, wenn Deutschland seinen eigenen Rekord beim
Exportvolumen demnächst einstellt oder gar übertrifft, wofür einiges
spricht. Denn auch ohne dass Deutschland der größte Exporteur der
Welt ist, ist die deutsche Ausfuhrwirtschaft zu alter Dynamik
zurückgekehrt, nachdem sie im Zuge der weltweiten Rezession in der
Finanz- und Wirtschaftskrise hohe Einbußen hat hinnehmen müssen. Nun
zieht die gesamtwirtschaftliche Aktivität weltweit wieder an – und
Deutschland profitiert entsprechend.
Zudem sollten sich die Kritiker des deutschen Modells die Details
der jüngsten Außenhandelsdaten des Statistischen Bundesamts ansehen.
Diese relativieren den Vorwurf des angeblich einseitigen deutschen
Exports zulasten der Euro-Partner. Nicht nur bei den Exporten steuert
Deutschland auf die alten Höchststände zu. Auch die Importe ziehen
kräftig an. So wurde hier der höchste Juni-Wert in absoluten Zahlen
seit Beginn der Statistik 1950 gemessen. Und über 40% dieser Bezüge
kommen aus dem Euroraum! Aber nicht nur das. Die deutschen Exporte
haben einen hohen Anteil importierter Vorleistungen: rund 40%. Man
sieht, der deutsche Exporterfolg kommt nicht nur Deutschland allein
zugute. Der ganze Euroraum profitiert davon.
(Börsen-Zeitung, 10.8.2010)
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