Börsen-Zeitung: Zum Handeln gezwungen, Kommentar von Daniel Zulauf zum Verkauf der Eurex-Beteiligung der Schweizer Börse an die Deutsche Börse

Der Schweizer Börsen- und Infrastrukturbetreiber
SIX Group muss knapp vier Jahre nach seiner Gründung endlich
strategisch Farbe bekennen. Mit Blick auf die jüngere Vergangenheit
des ehemaligen Monopolisten gibt es allerdings berechtigte Zweifel,
dass es der Unternehmensführung gelingen wird, die Eigentümerbanken
auf einen schlüssigen Plan einzuschwören.

Nach dem de facto erzwungenen Verkauf der Eurex-Beteiligung ist
die Schweizer Börse zum Handeln gezwungen. Denn die Erträge aus dem
vor zwölf Jahren mit der Deutschen Börse gegründeten
Gemeinschaftsunternehmen bilden bis heute das betriebswirtschaftliche
Rückgrat der SIX Group. Das Kartengeschäft sowie die
Wertpapierabwicklung und Verwahrung, die 2007 zwecks Diversifizierung
der Einnahmenstruktur mit der Börsenbetreiberin SWX Swiss Exchange
fusioniert worden waren, werfen bei weitem nicht die Margen ab, die
man im Kassageschäft in früheren Jahren gewohnt war.

Das zeigt schon ein simpler Zahlenvergleich: Im Jahr 2007, als die
SWX Swiss Exchange noch eigenständig war, wies das Unternehmen einen
Gewinn von 244 Mill. sfr aus. 2010 belief sich der Gewinn des
inzwischen dreimal größeren Finanzplatzinfrastrukturbetreibers auf
nur mehr 170 Mill. sfr. Hauptgrund für diese Ertragserosion ist die
rapide abnehmende Profitabilität des angestammten Kassageschäfts, das
durch die Konkurrenz alternativer, auf den liquiden Blue-Chip-Markt
fokussierter Handelsplattformen bedrängt wird und gleichzeitig den
ständig steigenden Ansprüchen großer Algo Trader gerecht werden muss.

Eine überzeugende strategische Antwort auf dieses Problem hat die
SIX-Group-Leitung unter Führung des St. Galler Hochschulprofessors
Peter Gomez bislang nicht gegeben. Gomez wurde 2006
Verwaltungsratspräsident der SWX Swiss Exchange, um den damaligen
Börsenverein in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, damit diese
später mit den Infrastrukturgemeinschaftsunternehmen der Schweizer
Banken zur SIX Group fusioniert werden konnte. Es brauchte einen
„neutralen“ Quereinsteiger, um die kleineren Banken dazu zu bewegen,
ihre Privilegien als Börsenvereinsmitglieder zugunsten eines neuen
Großprojekts für den Finanzplatz aufzugeben. Das Problem der
divergierenden Interessen der Eigentümerbanken verfolgt Gomez aber
weiter. Dass noch kein erfolgversprechender strategischer Ansatz
erkennbar ist, lässt vermuten, dass Gomez an dem dafür nötigen
Interessenausgleich unter den Eigentümerbanken bislang gescheitert
ist.

(Börsen-Zeitung, 9.6.2011)

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