Läuft BP tatsächlich Gefahr, als Folge der
größten Umweltkatastrophe in den USA zerschlagen zu werden? Muss sich
die britische Industrieikone, die innerhalb von zweieinhalb Monaten
die Hälfte ihres Börsenwerts verlor, mit einem strategischen Investor
verbünden, um dieses Schicksal abzuwenden? Derzeit scheint kaum etwas
undenkbar zu sein, wie die hektischen Spekulationen der vergangenen
Tage über den Ölkonzern zeigen. Sogar die britische Regierung soll
nicht mehr nur auf diplomatischem Wege unterwegs sein, um Leute wie
den US-Präsidenten davon abzuhalten, den Marktwert von BP weiter in
den Keller zu reden. Von einem Notfallplan ist die Rede, sollte das
Unternehmen auch noch zum Ziel unerbetener Übernahmeversuche von
Rivalen werden.
Zunächst: Dem Konzern muss es schleunigst gelingen, den Ölfluss
aus dem Bohrloch im Golf von Mexiko zu stoppen. Solange an dieser
Stelle keine Ruhe einkehrt, gibt es keine Grundlage für die
Berechnung der Belastungen, die auf BP noch zukommen werden. Ob der
Cash-flow und der Verkauf einiger Vermögenswerte ausreichen, um die
Kosten stemmen zu können, ist fraglich. Die Verbindung mit einem
strategischen Investor, einem Staatsfonds aus dem Mittleren oder
Fernen Osten etwa, wäre insofern in der jetzigen Phase
stabilisierend. Denn zum einen böte sie Schutz vor einer Übernahme
und Filetierung, zum anderen behielte BP die Kontrolle über die
strategische Marschroute in eigener Hand. Eine Kapitalerhöhung mit
der Folge verwässerter Anteile wird der Ölkonzern seinen
Altaktionären allerdings nicht zumuten können. Denn die müssen sich
neben nicht realisierten Kursverlusten schon auf einen
Dividendenausfall in diesem Jahr einstellen.
Allein die Streichung der Dividende bis Jahresende, die auf
politischen Druck in den USA zurückzuführen ist, schlägt ins Kontor –
was die britische Regierung auf den Plan rufen muss. Denn BP steht
mit Gewinnausschüttungen von zuletzt 10,5 Mrd. Dollar im Jahr für
etwa ein Siebtel der Erträge, die Pensionsfonds auf der Insel von den
100 größten britischen Unternehmen erhalten. Das Modell der
kapitalgedeckten Altersvorsorge, für das sich Großbritannien anderswo
feiern lässt, hat mit dem Fall BP Kratzer erhalten. Die Folgen werden
sich bei kommenden Wahlen zeigen. Vorher schon könnte es für die
BP-Führung ziemlich eng werden.
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