Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit der Frage der Zulässigkeit von ärztlichen Empfehlungen für bestimmte Leistungserbringer zu beschäftigen. Konkret ging es um die Frage, ob ein HNO-Arzt unerlaubt Patienten an einen bestimmten Hörgeräteakustiker verwiesen hatte. Dabei wurde vom klagenden Hörgeräteakustiker u. a. beanstandet, dass der beklagte Arzt zum Zeitpunkt des Verstoßes als Aktionär an der Hörgeräteakustiker-AG beteiligt war, zu dem er die Patienten geschickt hatte.
Der BGH knüpft mit seinem Urteil (Leitsatzentscheidung; Az.: I ZR 111/08) an seine Rechtsprechung der letzten Jahre zur Beurteilung der Kooperation zwischen Fachärzten und Leistungserbringern im Gesundheitswesen an. Auch HNO-Ärzten ist es untersagt, an bestimmte Hörgeräteakustiker zu verweisen, sofern dafür kein hinreichend sachlicher Grund vorliegt. Der hinreichende Grund muss sich laut BGH stets im Verhältnis zu den speziellen Bedürfnissen des einzelnen Patienten darstellen lassen. Blaupausen und generelle Rechtfertigungsversuche werden danach zukünftig nicht mehr von den Gerichten zu akzeptieren sein. Die in der Vergangenheit immer wieder pauschal angeführten Gründe für eine Verweisung der Patienten im Bereich der Hörgeräteversorgung, wie z.B. größere Bequemlichkeit, Wirtschaftlichkeit, gute Qualität und langjährige Erfahrungen, gelten nach Meinung der BGH-Richter so nicht mehr.
Der BGH hat dabei auch Auslegungsmaßstäbe für die Verweisung durch den Arzt festgelegt. Die Wahlfreiheit des Patienten ist schon dann beeinträchtigt, wenn der Arzt dem Patienten von sich aus einen bestimmten Leistungserbringer empfiehlt. Damit sind ebenfalls Plakate, Flyer, Visitenkarten und Gutscheine von Leistungserbringer in der Arzt-Praxis verboten. Die Zuweisung von Patienten ist nicht nur im Fall der Überweisung von Arzt zu Arzt, sondern auch für sämtliche Formen der Patientenzuführung an gesundheitliche Leistungserbringer verboten.
Auch für die ärztliche Beteiligung an Geschäften der Hörgeräteakustiker und anderen Leistungserbringern stellt der BGH erstmals Leitlinien auf. Ein Beteiligungsverbot liegt für den Arzt vor, wenn die Zuweisung bzw. Empfehlung des Arztes dazu führt, dass ihm ein Vorteil daraus zufließt. Das dürfte nach Ansicht des BGH jedenfalls der Fall sein, wenn die Gewinnbeteiligung oder sonstige Vorteile des Arztes unmittelbar von der Zahl seiner Verweisungen oder dem damit erzielten Umsatz abhängen. Dabei kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass ein Verbot selbst dann gilt, wenn ein naher Verwandter die Beteiligung als Treuhänder oder Strohmann hält. Als nahe Verwandte gelten nach Maßgabe des BGH auch Verwandte bis zum dritten Grad.
Der BGH hat mit seiner Entscheidung ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle aufgehoben und den Rechtsstreit dorthin zurückverwiesen.
Vertreter Klägerin:
Buse Heberer Fromm (Essen): Dr. Jürgen Apel (Partner)
Vertreterin Revisionsklägerin:
Rechtsanwältin Dr. Ackermann (Karlsruhe; BGH-Anwältin)
Vertreter Beklagter:
DHPG Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer (Bonn)
Vertreter Revisionsbeklagter:
Dr. v. Plehwe (Karlsruhe, BGH-Anwalt)
Kontakt:
Christian Pothe
Buse Heberer Fromm
040-419990
pothe@buse.de