CDU-Aufklärer Binninger zur NSU-Mordserie: „Dass es nur die drei waren, kann ich mir nicht vorstellen“

Clemens Binninger, Ex-Obmann der Union im
NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages und Chef des
Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG), zweifelt an der allgemeinen
Vorstellung, dass nur drei Personen – Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und
Beate Zschäpe – für die rechtsradikale Mordserie verantwortlich sein
sollen. „Vieles spricht gegen diese Annahme“, sagte Binninger dem
stern. Zwar gäbe es bislang keinen „direkten Link“ zu Mittätern.
„Aber 2000 und 2001 gab es in elf Monaten vier Morde, zwei
Banküberfälle und einen Sprengstoffanschlag, obgleich nach dem Trio
öffentlich gefahndet wurde, es unter hohem Entdeckungsrisiko stand
und auch zwei mal umgezogen ist. Dass es nur die drei waren, kann ich
mir nicht vorstellen.“

Die bisherige Ermittlungsarbeit der Behörden sieht Binninger
kritisch. „Ich komme ins Grübeln, wenn ich sehe, dass manche Spuren,
etwa Handyverbindungen zu Zschäpe, doch eher nachrangig bewertet
wurden“, sagte er dem stern. Auch der plötzliche Tod des V-Mannes
„Corelli“ sei nicht hinreichend aufgeklärt. Zur Vernichtung von Akten
bei den Sicherheitsbehörden sagte Binninger, der NSU-Ausschuss habe
angenommen, dass die Ursache eine Mischung aus fehlender Sensibilität
und Ungeschicklichkeit gewesen sei. „Aber ich weiß heute nicht mehr,
ob es das wirklich trifft. Die Schredderaktion trägt ein großes
Fragezeichen.“ Er werde sich im PKG erneut damit auseinandersetzen.

Binninger stellte in dem stern-Interview in Aussicht, dass der
Bundestag einen zweiten NSU-Untersuchungsausschuss einsetzen könnte.
„Wenn sich bei tragenden Elementen des Falles die Indizien häufen,
dass es so wie dargestellt nicht war, dann steigen wir nochmal ein.
Dann sind wir in der Pflicht.“ Darüber sei er sich mit den
NSU-Experten der anderen Fraktionen einig.

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Das vollständige Interview mit Binninger lesen Sie im aktuellen
stern.

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