CDU-Zeuge: –Atomkraft ist moralische Verpflichtung – auch heute–

Zur Zeugenvernehmung im 1. Untersuchungsausschuss „Gorleben“ erklaert die Obfrau der SPD-Bundestagsfraktion im 1.

Untersuchungsausschuss „Gorleben“ Ute Vogt:

Mit Dr. Alois Ziegler wurde ein „Kronzeuge“ fuer die politische Einflussnahme der Kohl-Regierung bei der Gorleben-Entscheidung im Untersuchungsausschuss vernommen. Ziegler war im relevanten Zeitraum der Vorbereitung des Kabinettsbeschlusses im Juli 1983 Referatsleiter in Riesenhubers Forschungsministerium. Leider offenbarte der Zeuge eine aeusserst selektive Wahrnehmung fuer diesen Zeitraum. Denn an von ihm selbst gefertigte Schreiben, die fuer eindeutige politische Einflussnahme sprechen, konnte der Zeuge sich kaum oder „gar nicht erinnern“.

So formulierte Ziegler beispielsweise im Juni 1983 ein folgenschweres politisches Ziel der Kohl-Regierung und forderte in seinem Vermerk Gorleben als „Endlager jetzt zuegig zu errichten, nicht das denkbar beste Endlager irgendwann“.

Deutlicher geht es wohl kaum. Heute versucht Ziegler auf dialektisch fragwuerdige Weise diese schwerwiegende Entscheidung einer schwarz-gelben Bundesregierung herunterzuspielen.

Eindeutig erklaerte sich der Zeuge lediglich auf vorgefertigte „Wuerden-Sie-mir-Zustimmen-Fragen“ von CDU und FDP. Diese beantwortete der Zeuge brav mit ja oder nein – ganz im Sinne des Fragestellers.

Aus seiner Gesinnung machte der Zeuge ohnehin keinen Hehl. Der Physiker Dr. Ziegler woertlich: „Kernenergie ist moralisch verpflichtend fuer ein Industrieland wie unseres – auch heute noch“. Ein Satz, schwer wie Blei, zwei Wochen nach Fukushima.

Spaetestens nach diesem Super-GAU im Untersuchungsausschuss wurde der Merkel-CDU bewusst, dass es ein Fehler war, diesen Zeugen zu laden.

Der zweite Zeuge dieses Tages war von ganz anderer Qualitaet.

Der 61jaehrige Physiker Dr. Helmut Hirsch galt und gilt als wissenschaftlicher Kritiker der Gorleben-Entscheidung. Ende der 1970er Jahre war Dr. Hirsch ein entscheidender Akteur bei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung um Gorleben: Die von Ernst Albrecht (CDU) gefuehrte niedersaechsische Landesregierung etablierte im Fruehjahr 1979 das sogenannte „Gorleben-Hearing“.

Am Ende dieser wissenschaftlichen Diskussionsrunde sollte ein Abschlussbericht fuer das damals geplante Nukleare Entsorgungszentrum (NEZ) stehen.

Dr. Helmut Hirsch uebernahm die Leitung der Kritikerseite, die aus etwa 20 internationalen Experten bestand. Die Seite der Befuerworter wurde durch etwa 40 von der Landesregierung bestellten Wissenschaftlern vertreten, die ueberwiegend Affinitaet zur Atomindustrie hatten. Was als grosse wissenschaftliche Kontroverse mit einer gefaehrlichen und komplexen Thematik angekuendigt wurde, entpuppte sich jedoch als „Alibiveranstaltung“. Dr. Hirsch musste feststellen: „Es bestand ausdruecklich kein Interesse seitens der niedersaechsischen Landesregierung, den internationalen Stand von Wissenschaft und Technik zur Kenntnis zu nehmen“. Albrechst Regierung weigerte sich sogar einen wissenschaftlichen Kriterienkatalog erarbeiten zu lassen, der fuer die Etablierung eines Endlagers zwingend gewesen waere.

Ueberdies beanspruchten saemtliche internationale Experten bereits damals eine alternative Suche nach weiteren moeglichen Standorten. Doch auch diese elementare Forderung „verhallte wie ein Echo in einem leeren Raum“, so Hirsch.

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