Berlin, 21. Juli 2010 – Für „Internet-Guru“ Clay Shirky liegt die gesellschaftliche Zukunft in der Welt der digitalen Medien. In seinem neuen Buch Cognitive Surplus: Creativity and Generosity in a Connected Age fällt die Prognose für das Geschäftsmodell der Printzeitung düster aus: In weniger als 50 Jahren sei es dem Untergang geweiht, denn „kein Medium hat je überlebt, das den 25-Jährigen gleichgültig war“.
Die Diskussion um eine mediale Verflachung der Gesellschaft erscheint Shirky jedoch unsinnig. Er halte es „für Zeitverschwendung, sich über die Tatsache zu ärgern, dass die Menschheit niedrige Instinkte hat, die sie mittels dieses Mediums befriedigen wird – das war bei jeder medialen Neuerung so.“
Shirky selbst sieht im gesellschaftlichen Aktivismus in Form sozialer Online-Netzwerke sogar revolutionäres Potential. „Selbst der dümmste kreative Akt ist immer noch ein kreativer Akt.“ Bisher ungenutzte gesellschaftliche Energie finde in den Netzwerken ein Ventil. Die große Herausforderung des Internet sei also nicht: „Ist das gut oder schlecht? Sondern: Wie können wir seinen Nutzen für die Gesellschaft erhöhen?“
Clay Shirky (46) begann seine Karriere am Theater in New York. Bis er 28 war, besaß er keinen Computer, dann musste seine Mutter ihm das Internet erklären. In den Neunzigern wurde er als technischer Leiter verschiedener Web-Design-Agenturen von den wichtigsten Medienunternehmen – News Corporation, Time Warner, Hearest – als Berater angeheuert. Seit 1996 schreibt er über das Internet, seit 2000 auch über das Phänomen der sozialen Online-Netzwerke. Shirky unterrichtet heute an der New York University, 2008 veröffentlichte er sein erstes Buch Here Comes Everybody: How Change Happens When People Come Together, in dem er die neue Macht des Einzelnen feiert, mittels Internet zu kommunizieren, sich zu organisieren und die Welt zu verändern. Sein neues Buch Cognitive Surplus: Creativity and Generosity in a Connected Age ist bisher nur in den USA und Großbritannien erschienen.