Compliance gilt auch zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter

Zu welchen Überwachungsmaßnahmen dürfen Arbeitgeber greifen, wenn Sie den Verdacht hegen, dass ihr Mitarbeiter gegen seine Vertragspflichten verstößt? Dürfen Arbeitgeber z.B. kranke Mitarbeiter überwachen, wenn sie an deren Arbeitsunfähigkeit zweifeln?
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat vor wenigen Tagen entschieden, dass ein Arbeitgeber rechtswidrig handelt, wenn er Überwa-chungsmaßnahmen veranlasst, ohne einen durch konkrete Tatsachen begründeten Verdacht einer schweren Pflichtverletzung zu haben. Damit schützt das BAG in besonderer Weise das Persön-lichkeitsrecht und die Privatsphäre der Arbeitnehmer.

Eine Entscheidung, die der Berufsverband DIE FÜHRUNGSKRÄFTE – DFK begrüßt: „Vertrauen sollte die Basis der Zusammenarbeit sein. Voraussetzung dafür ist, dass sich jeder Partner des Arbeitsverhältnisses an die Spielregeln hält. Genau das beschreibt der Begriff „Compliance“. Immer wieder glauben Arbeitgeber, dass Compliance nur dazu diene, das Unternehmen und Dritte vor einem Fehlverhalten von Mitarbeitern zu schützen. Das ist ein Irrtum. Compliance verpflichtet auch den Arbeitgeber, sich gegenüber seinen Mitarbeitern rechtskonform zu verhalten“, so Dr. Ulrich Goldschmidt, Vorstandsvorsitzender des DFK.
Das bestätigt auch Verbandsjuristin und Arbeitsrechtsexpertin im DFK, Sabine Balzer: „In unserer Beratungspraxis stoßen wir immer wieder auf Fälle, wo erst geschossen und dann gefragt wird. Da werden E-Mails und die SMS-Kommunikation ohne hinreichenden Verdacht kontrolliert, Telefongespräche abgehört, Per-sönlichkeitstests ohne Einwilligung des Mitarbeiters durchgeführt oder auch neben der offiziellen Personalakte noch Geheimakten über den Mitarbeiter geführt. Arbeitgeber schießen hier schnell mal über das Ziel hinaus.“

Für den DFK sind und bleiben solche Maßnahmen immer kritisch: „Wenn das Arbeitsverhältnis an einem solchen Punkt angelangt ist, scheint eine vertrauensvolle Zusammenarbeit schwer möglich. Wir empfehlen unseren Mitgliedern in solchen Fällen, das offene Gespräch zu suchen und ggf. Betriebsrat oder Sprecherausschuss hinzuzuziehen. Solchen Vorkommnissen muss man rechtzeitig Einhalt gebieten“, betont Sabine Balzer.