Berlin- Der ehemalige Bahn-Chef Hartmut Mehdorn
geht mit den Grünen wegen ihres Widerstands gegen Stuttgart 21 hart
ins Gericht. Es habe immer breite Mehrheiten für das Vorhaben
gegeben, sagte er dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe). „Wenn die
Grünen jetzt etwas anderes behaupten, führen sie die Leute
wissentlich in die Irre.“ Noch nie hätten politische Parteien aktiv
zu Demonstrationen gegen etwas aufgerufen, „was durch alle
politischen Instanzen genehmigt wurde, an dem sie selbst beteiligt
waren“. Dass so erbittert diskutiert werde, liege an Machtfragen,
nicht an Sachfragen. „Die Grünen wollen an die Fleischtöpfe und
nutzen Stuttgart 21 als Vehikel, um die Landtagswahl zu gewinnen.“
Mehdorn, in dessen Amtszeit Planung und Vorbereitung des Bahnhofsbaus
fielen, warnte davor, auf Stuttgart 21 und die dazugehörige
ICE-Strecke zu verzichten. „Werden Stuttgart 21 und Wendlingen-Ulm
gekippt, würde Stuttgart über Kurz oder Lang vom Fernverkehr
abgehängt, weil andere Strecken schneller sind und die Stadt mit
ihrem alten Kopfbahnhof ein Bremsklotz für den schnellen Zugverkehr
ist.“ Er sage voraus, dass nicht einmal die Grünen nach der Wahl das
Projekt kippen werden. „Sie können nicht anders. Schließlich gibt es
Verträge, die gelten – auch gegenüber unseren Nachbarländern, denen
wir den Bau zugesagt haben.“ Zugleich räumte Mehdorn Fehler ein.
„Sicher wurde nicht genug kommuniziert“, befand er. „Viele Leute
scheinen vieles nicht verstanden zu haben.“ Stuttgart sei zudem
seinerzeit nur ein Planungsthema von vielen gewesen, neben den fast
zeitgleich gebauten Strecken Hamburg-Berlin, Nürnberg-München oder
Frankfurt-Köln. Zwar seien Proteste in Ordnung, aber : „Es kann nicht
sein, dass nach 15 Jahren intensiver Planung plötzlich ein
Baumschützer kommen und sagen kann, wir wissen es besser als Hunderte
Planungsexperten. Ich überlasse ja auch dem Bäcker das Brotbacken und
bilde mir nicht ein, es besser zu können.“ Die Schlichtung durch
Heiner Geißler nannte Mehdorn zwar „einen guten Versuch“. Große
Chancen gibt er ihr aber nicht. „Diejenigen, die dagegen sind, sind
es aus ideologischen Gründen. Da gibt es nichts zu schlichten.“ Er
glaube daher nicht, dass die Gespräche zu irgendetwas führen könnten.
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