Der Konjunkturaufschwung in Deutschland verliert
wegen der Abkühlung in China und anderen Exportmärkten zwar etwas an
Dynamik, allerdings halten vor allem die Konsumausgaben der
Verbraucher, die Ausgaben des Staates für die Unterbringung und
Integration von Flüchtlingen sowie die gute Lage am Arbeitsmarkt den
Konjunkturmotor am Laufen. Auch hat sich die Stimmung in der
deutschen Wirtschaft im März wieder aufgehellt, allerdings fand die
Befragung der Unternehmen vor den jüngsten Terrorattacken in Brüssel
statt. „Eine grundsätzliche bzw. nachhaltige Beeinflussung der
hiesigen Konjunktur erwarten wir durch diese Anschläge zwar nicht,
sie verdeutlichen aber immer wieder, in welch risikobehaftetem Umfeld
Staat, Unternehmen und Gesellschaft, letztlich wir alle agieren“, so
Dr. Frank Pörschke, CEO JLL Germany.
Die Ökonomen gehen weiterhin davon aus, dass die Ausgaben für die
Flüchtlinge in diesem und im nächsten Jahr ohne neue Schulden
gestemmt werden können. Die Mehrausgaben einschließlich
Verwaltungsausgaben schätzen die Experten auf 13,7 Mrd. Euro 2016 und
auf 12,9 Mrd. Euro in 2017. Auf dem Arbeitsmarkt wird sich der
Flüchtlingszustrom erst im kommenden Jahr stärker bemerkbar machen.
Derzeit führten Engpässe bei den Asylverfahren zu erheblichen
Verzögerungen bei der Arbeitsmarktintegration. Im laufenden Jahr
dürfte die Zahl der Jobsucher nur leicht auf etwas über 2,8 Millionen
steigen. 2017 könnte sie noch näher an die 3-Mio.-Marke heranrücken.
Die deutsche Wirtschaft profitiert vor allem von der Konsumfreude
der Verbraucher. Sie haben dank der niedrigen Inflation und den
Tarifabschlüssen, die voraussichtlich auch in diesem Jahr über der
Preissteigerungsrate liegen werden, mehr im Portemonnaie. In diesem
Jahr rechnen die Experten wegen des Ölpreisverfalls mit einer
durchschnittlichen Teuerungsrate von nur 0,3 %. 2017 sollte die
Inflation auf 1,4 % anziehen. Sie läge damit weiter unter der von der
Europäischen Zentralbank angestrebten Marke von knapp 2 %. Im Kampf
gegen die Mini-Inflation im Euro-Raum hatten die Währungshüter erst
kürzlich ihre Geldflut massiv ausgeweitet und den Leitzins im
Euroraum auf null Prozent gesenkt. Dieses Vorgehen wird mittlerweile
von vielen Wirtschaftsexperten kritisch gesehen. Die lockere
Geldpolitik kann erhebliche Nebenwirkungen haben. Neben dem erhöhten
Risiko hinsichtlich der Profitabilität der Banken mindern immer
niedrigere Zinsen den Reformdruck in Europa. Die Gefahr einer
Deflation wird aber nach wie vor nicht gesehen.
Risiken für die einheimische Konjunktur lauern dagegen u.a. in der
Wiedereinführung von Grenzkontrollen wegen des Flüchtlingszustroms.
Sollten die Personenkontrollen im Schengen-Raum für längere Zeit
fortbestehen, würde der Warenverkehr innerhalb Europas behindert mit
entsprechenden Konsequenzen in der volkswirtschaftlichen Bilanz.
Dennoch bleibt unter dem Strich für das erste Quartal zu
bilanzieren, dass die Fundamentaldaten in Deutschland nach wie vor in
Takt sind und auch bleiben werden. Die Unternehmen blicken durchaus
zuversichtlich in die nähere Zukunft. Die zweifelsohne vorhandenen
Risiken und deren Dominanz in der öffentlichen Wahrnehmung drängen
diese positiven Signale aktuell etwas in den Hintergrund.
Big7 mit unterschiedlicher Entwicklung – Dynamik vor allem in
Berlin
„Die Bereitschaft der Unternehmen, Personal einzustellen, hat in
den letzten Jahren für eine anhaltend gute Büroflächennachfrage
gesorgt. Diese Entwicklung sehen wir auch für das laufende Jahr, so
dass sich die insgesamt gute Performance der deutschen
Büro-Vermietungsmärkte fortsetzen sollte“, so Timo Tschammler, bei
JLL Member of the Management Board Germany.
Mit ca. 889.000 m² liegt das Umsatzvolumen in Berlin, Düsseldorf,
Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart zum Jahresbeginn 2016
um gut 10 % über dem Vorjahresergebnis. Auch der 5-Jahresschnitt der
ersten Quartale wurde mit 23 % deutlich übertroffen. Nach dem
fulminanten vierten Quartal des letzten Jahres war dieses Ergebnis
nicht so ohne weiteres zu erwarten. Der zweite Blick auf die
Umsatzstatistik offenbart denn auch, dass dieses Plus in erster Linie
von Berlin und Frankfurt getragen wird. In der Hauptstadt setzte sich
die Dynamik ungebremst fort. Fast 247.000 m² konnten vermietet oder
an Eigennutzer verkauft werden und damit nochmals 60 % mehr als vor
einem Jahr. Auch in Frankfurt fiel das Umsatzplus mit 51 %
überdurchschnittlich stark aus, hier allerdings ausgehend von einer
deutlich niedrigeren Basis. Nahezu stabil präsentierten sich
Düsseldorf und München, während in Hamburg mit 26 % das stärkste
Minus verzeichnet wurde. Auch in Stuttgart und Köln sanken die
Umsatzvolumina um jeweils 14 %. „Diese Ergebnisse sind erste
Momentaufnahmen in einem noch recht jungen Jahr. Potential haben die
deutschen Big 7 allesamt, auch wenn Umsatzrekorde nicht in jedem
Quartal zu vermelden sind“, so Tschammler. Und weiter: „Bereits Ende
letzten Jahres hatten wir für 2016 ein leicht rückläufiges
Umsatzvolumen prognostiziert. An dieser Prognose halten wir fest. Wir
rechnen mit einem Gesamtjahresumsatz über alle Big 7 hinweg von rund
3,3 Mio. m², entsprechend einem leichten Minus von 9 %.“ Trotz der
teilweise rückläufigen Umsatzzahlen gäbe es durchaus starke
Aktivitäten in den Märkten, in erster Linie im kleineren und
mittleren Größensegment. Vermehrt würden Nutzer ihren Blick auch auf
andere Lagen und Teilmärkte richten, dies allerdings mit der
Konsequenz längerer Such- und Entscheidungsprozesse.
Im ersten Quartal 2016 bewegte sich die über die Big 7 aggregierte
Nettoabsorption bei ca. 240.000 m² (um die der belegte
Büroflächenbestand also gewachsen ist) – entsprechend einem Plus im
Vergleich zum Vorjahr von rund 76.000 m². „Im Gesamtjahr 2016 rechnen
wir mit einer Nettoabsorption in Höhe von rund 920.000 m². Das wären
dann zwar rund 14 % weniger als 2015, läge aber immer noch im Bereich
des 5-Jahresschnitts von 957.000 m²“, so Helge Scheunemann, bei JLL
Head of Research Germany.
Leerstände sinken in allen Märkten weiter
Der kumulierte Leerstand liegt Ende des ersten Quartals 2016 bei
5,58 Mio. m² und damit nochmals fast 16 % unter dem Vergleichswert
des Jahres 2015. Auch gegenüber dem vierten Quartal ergibt sich ein
nochmaliger Rückgang von mehr als 100.000 m². Die Leerstandsquote
über alle Big 7 hinweg hat mit 6,3 % einen neuerlichen Tiefpunkt
erreicht, im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang um 1,1 Prozentpunkte.
Die Leerstandsreduzierung vollzieht sich in allen Märkten mit
ähnlichem Tempo. Die niedrigste Leerstandsquote ist nach wie vor für
Stuttgart mit 4,5 % zu registrieren und reicht bis zu 8,9 % in
Frankfurt. „Der weiter rückläufige Leerstand führt verstärkt dazu,
dass Nutzer aufgrund des nicht verfügbaren Angebots ihren Blick
sowohl über die zentralen Lagen hinaus auf weitere Lagen und
Teilmärkte als auch auf Projektentwicklungen richten. Hierzu konnten
wir in den ersten drei Monaten erhöhte Aktivitäten feststellen. Bis
Ende des Jahres rechnen wir mit einem weiteren leichten
Leerstandsabbau, so dass die Quote dann auf 6,2 % zurückgehen
könnte“, so Scheunemann.
Bedarf an neuen Flächen in allen Märkten
In den ersten drei Monaten 2016 wurden Neubauflächen in einer
Größenordnung von rund 167.000 m² fertiggestellt und damit rund 16 %
weniger als noch im ersten Quartal 2015. Gleichwohl zeigen sich hier
ähnlich wie beim Umsatz unterschiedliche regionale Tendenzen. Während
in Berlin überhaupt keine Neubauten auf den Markt kamen, erhöhte sich
das Fertigstellungsvolumen in Stuttgart um mehr als 200 %. Auch in
Frankfurt gab es lediglich eine sanierte Fläche, demgegenüber aber
Bestandsminderungen von fast mit 36.000 m² aufgrund von Umwidmungen
meist in Wohnungen. „Der Bedarf an neuen Flächen ist auf jeden Fall
in allen Märkten vorhanden, speziell in den Innenstadtlagen ist
tendenziell ein Mangel insbesondere für größere zusammenhängende
Flächen zu bemerken“, so Scheunemann. Bis Ende des Jahres tue sich
etwas in der Pipeline, weitere rund 1 Mio. m² würden erwartet. „Das
wären dann 43 % mehr als noch 2015 und läge damit deutlich über dem
5-Jahresschnitt von knapp 890.000 m². Dieser Anstieg ist aber nicht
der Beginn einer anhaltenden Neubauwelle. 2017 sollen die
Neubauaktivitäten schon wieder leicht rückläufig sein“, so der JLL
Chefresearcher. Nicht übersehen werden darf auch, dass von den für
das laufende Jahr noch zu erwartenden Neubauflächen nur noch rund ein
Drittel (329.000 m²) frei verfügbar sind. „Dieses noch freie Drittel
hat sich über die letzten Quartale relativ stabil gezeigt, zeugt bei
einem absolut anziehenden Fertigstellungsvolumen allerdings von einer
erhöhten Bereitschaft der Nutzer, sich für Flächen in projektierten
Objekten zu entscheiden“, so Tschammler. Das Gros der
Neubauaktivitäten befindet sich in den drei größten Märkten Berlin,
Hamburg und München mit zusammen 764.000 m² und einem Anteil von
allein 62 %.
Positive Mietpreisentwicklung bleibt erhalten
Die Spitzenmieten sind in der 12-Monats-Rückschau in Berlin (+ 9
%), Frankfurt (+ 4 %), Hamburg (+ 2 %), München und Stuttgart
(jeweils + 3 %) gestiegen. Als einzige der Big 7 notierte Frankfurt
im aktuellen Quartal einen Mietanstieg. Die Spitzenmiete hat hier um
einen Euro auf 36,50 Euro/m²/Monat zugelegt. Hintergrund des Anstiegs
sind einige im Bau befindliche erstklassige Flächen, für die Mieter
bereit sind, entsprechend höhere Mieten zu zahlen.
Aggregiert schlägt für das erste Quartal 2016 im
Spitzenmietpreisindex im Jahresvergleich ein Plus von 2,4 % zu Buche.
„Für das Gesamtjahr erwarten wir einen etwas moderateren Anstieg im
Spitzenmietpreisindex um insgesamt knapp 2 %. Der Nachfrageüberhang
führt aber zu steigenden Preisen in fast allen Teilmärkten,
mittlerweile sind sogar Mietpreissteigerungen bei
Vertragsverlängerungen zu beobachten. Aufgrund dieser Marktsituation
könnte das Plus bei den Durchschnittsmieten bis zum Ende des Jahres
über dem Wachstum der Spitzenmieten liegen“, so Tschammler.
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Dorothea Koch, Tel. 069 2003 1007, dorothea.koch@eu.jll.com