Deutsches Aktieninstitut e.V.: Die Finanztransaktionssteuer

(DGAP-Media / 15.02.2013 / 09:50)

Die Finanztransaktionssteuer

Mythos und Wahrheit

Dr. Christine Bortenlänger, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Deutsches
Aktieninstitut e.V.

Seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise im Jahr 2008 ist in Politik undÖffentlichkeit die Auffassung weit verbreitet, dass ausschließlich die
Kapitalmärkte ursächlich für die derzeitigen Probleme sind. Begriffe wie
–Turbokapitalismus– und –Monster Finanzmarkt– sprechen insoweit Bände.

Im Finanzbereich hat es definitiv gravierende Fehlentwicklungen gegeben.
Das streitet niemand mehr ab. Natürlich ist es richtig und notwendig, den
ordnungspolitischen Rahmen soweit zuüberarbeiten, dass die Finanzmärkte
und ihre Akteure krisensicherer werden. Dabei darf aber das Kind nicht mit
dem Bade ausgeschüttet werden. Ein undifferenzierter Blick auf die
Kapitalmärkte mündet leider allzu oft in Regulierungen, die keinen Beitrag
zur Stabilität des Finanzsystems leisten. Ganz im Gegenteil treffenÜberregulierungen alle den Kapitalmarkt nutzenden Unternehmen gleichermaßen
negativ.

Aus dem bunten Regulierungsstraußmöchte ich ein Vorhaben herausgreifen,
das viel Anschauungsmaterial für die zahlreichen Missverständnisse bietet,
die derzeit die politische Diskussion um die Kapitalmarktregulierung prägen
und falsche Hoffnungen schüren: die Finanztransaktionssteuer. Dabei möchte
ich mich mit den drei gängigsten Fehleinschätzungen hinsichtlich der
Finanztransaktionssteuer auseinandersetzen.

These 1: Die Finanztransaktionssteuer belastet die Kapitalmärkte nicht

Ende Januar haben sich elf der EU-Finanz- und Wirtschaftsminister im Rahmen
einer verstärken Zusammenarbeit auf die Einführung einer
Finanztransaktionssteuer in ihren Ländern geeinigt. Sie sehen sich dabei
als Vorreiter, die beweisen wollen, dass die mit der
Finanztransaktionssteuer angestrebten Ziele erreicht werden können. Leider
gibt es keine Hinweise, wie die anderen EU-Länder, wenigstens später, zu
einer Mitarbeit in dieser Sache bewegt werden sollen. Dabei ist es doch
gerade die begrenzte Einführung in nur einigen Ländern der EU, die dazu
führen wird, dass die zu befürchtenden Wettbewerbsverzerrungen eintreten
werden. Mobile Marktteilnehmer werden der drohenden Besteuerung ausweichen,
indem sie ihre Transaktionen in den EU-Staaten ohne
Finanztransaktionssteuer abwickeln. Schweden, das Ende der 1980er Jahre
eine entsprechende Steuer erhob, die zu einem drastischen Rückgang der
Börsengeschäfte und auch zu Kapitalflucht führte, sei mahnendes Beispiel
genug. Der Finanzplatz Deutschland wird nach Einführung der geplanten
Finanztransaktionssteuer an Bedeutung verlieren.

These 2: Die Finanztransaktionssteuer beteiligt den Finanzsektor an den
Kosten der Finanzkrise

Angesichts der milliardenschweren europäischen Rettungspakete u.a. für
Banken klingt diese These zunächst bestechend. Allerdings istäußerst
zweifelhaft, ob der Finanzsektor die Steuer letztlich auch trägt.
Voraussichtlich werden die Banken sie, wie andere Umsatzsteuern auch, an
die Endnutzer, also realwirtschaftliche Unternehmen und Privatanleger,
durchreichen, so dass diese und nicht die Finanzinstitute die Steuerlast zu
tragen haben.

These 3: Die Finanztransaktionssteuer bekämpft Auswüchse auf den
Derivatemärkten

Ein hehres Ziel – gilt doch die Spekulation mit Derivaten als ein Auslöser
der Finanzmarktkrise. Es ist allerdings falsch, von Fehlentwicklungen bei
einer bestimmten Produktklasse auf die Gesamtheit aller Derivate zu
schließen. Derivate werden von vielen deutschen Unternehmen bis in den
Mittelstand hinein zur Absicherung von Risiken, z.B. aus
Wechselkursschwankungen, eingesetzt, die sich typischerweise im Handel mit
Geschäftspartnern außerhalb des Euroraums ergeben. Mit Einführung der
Finanztransaktionssteuer würden die Preise der Produkte im Schnitt auf das
Drei- bis Siebenfache der aktuellen Preise steigen, was zu einer
Beeinträchtigung des Exportgeschäfts vieler deutscher Unternehmen zulasten
von Wachstum und Beschäftigung führen würde. Eine Finanztransaktionssteuer,
die ohne zu unterscheiden alle Derivate belastet, eignet sich also nicht,
um potenzielle Defizite auf dem Derivatemarkt treffsicher zu beseitigen. Es
bedarf ihrerübrigens auch nicht, da es seit August 2012 bereits die auf
diese Probleme zugeschnittene Derivateverordnung gibt.

Fazit
Das Beispiel der Finanztransaktionssteuer zeigt zweierlei deutlich. Die
Zusammenhänge sind auf den Kapitalmärkten komplex. Eingriffe in die
Kapitalmärkte haben immer auch gravierende Wechsel- und Nebenwirkungen auf
die Realwirtschaft. Diese müssen gegenüber der Politik und derÖffentlichkeit dargelegt und erläutert werden, um negative Auswirkungen zu
verhindern. Es ist Aufgabe der Finanzmarktakteure, diese Zusammenhänge auf
den Punkt zu bringen und in einer verständlichen Sprache gegenüber der
Politik zu kommunizieren, damit die Folgewirkungen von Finanzmarktregeln
nicht zu spät oder gar nicht erkannt werden. Diese Bringschuld kann nur
glaubwürdig erbringen, wer selbst glaubwürdig ist. Glaubwürdigkeit basiert
auf Neutralität und Expertise. Beides vereint das Deutsche Aktieninstitut,
das sich deshalb auch weiterhin als Mittler zwischen den Welten für eine
vernünftige Kapitalmarktgesetzgebung, sei es in Deutschland oder Europa,
einsetzen wird.

Ende der Pressemitteilung

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Emittent/Herausgeber: Deutsches Aktieninstitut e.V.
Schlagwort(e): Finanzen

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