DGAP-News: Beratungsunternehmen Ecovis zur Steuerpraxis und -politik / Fiskus kämpft verbissen um jeden Euro

DGAP-News: ECOVIS Europe AG / Schlagwort(e): Studie
Beratungsunternehmen Ecovis zur Steuerpraxis und -politik / Fiskus
kämpft verbissen um jeden Euro

03.07.2012 / 10:04

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München, 3. Juli 2012 – Den Steuerberatern geht die Arbeit so leicht nicht
aus, dafür sorgt schon die Finanzverwaltung: –Im Kampf um
Steuermehreinnahmen legt sie die Steuergesetze immer restriktiver aus und
versucht, die formellen Hürden, zum Beispiel hinsichtlich Nachweispflichten
und Buchführung, immer höher zu legen–, sagt Ferdinand Rüchardt. –Bei
Betriebsprüfungen ist es nämlich einfacher, formelle Mängel nachzuweisen
alsüber Auslegungsfragen zu streiten.– Erfreulicherweise steht der
Bundesfinanzhof immeröfter auf Seiten der Steuerzahler, die sich gegen
rigide Praktiken der Finanzämter wehren. Neues Ungemach droht allerdings
bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer – hier hat der BFH
verfassungsrechtliche Zweifel geäußert – und durch die von den rot-grün
regierten Bundesländern geforderte Wiedereinführung der Vermögensteuer, die
laut Lüdemann –nicht zu unterschätzende neue Probleme aufwerfen würde–.

Im traditionellen Kerngeschäft Steuerberatung machen die
Dauerkonfliktfelder mit dem Fiskus – Dienstwagennutzung und Arbeitsweg,
ordnungsgemäße Kassenführung und Umsatzsteuernachweise – weiter viel
Arbeit. So ist die ordnungsgemäße Führung des Fahrtenbuchs ein
unerschöpfliches Streitthema zwischen Steuerzahlern und Finanzämtern. Beim
Arbeitsweg hat immerhin der BFH in zwei Fällen für mehr Klarheit gesorgt –
zugunsten der Steuerzahler: bei der Wahl einer längeren, aber zeitlich
günstigeren Strecke sowie der Frage, welches die regelmäßige Arbeitsstätte
von mehreren (zum Beispiel Filialen) ist, die angefahren werden.

Verschärft hat die Finanzverwaltung im November 2010 die Anforderungen an
die elektronische Kassenführung bei Bargeldgeschäften. Hier sind
beispielsweise Bäckereien, Metzgereien, Gaststätten, Restaurants,
Zeitschriften- oder Blumenläden betroffen. Das Problem: –Hat die
Kassenführung Mängel, droht die gesamte Buchhaltung als nicht ordnungsgemäßeingestuft zu werden–, sagt Ferdinand Rüchardt. Er erwartet, dass hier in
den kommenden Jahren vermehrt die Finanzgerichte entscheiden müssen.

Zu beobachten ist auch, dass die Finanzverwaltung versucht, die Hürden für
die Anerkennung von Rechnungen für den Vorsteuerabzug immer höher zu legen.
–Ehrliche Steuerzahler müssen hier die kriminellen Missbrauchsfälle
ausbaden, die dafür als Argument vorgebracht werden–, kritisiert Rüchardt.
Ausnahmsweise einen Rückzieher machte der Fiskus jüngst beim Nachweis des
Grenzübertritts von Lieferungen ins EU-Ausland. Die völlig unpraktikable
Gelangensbestätigung wird laut einem BMF-Schreiben vom 1. Juni 2012 nun bis
auf Weiteres doch nicht zur Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung
erhoben. –Hier hat zum Glück die Vernunft gesiegt.–

Finanzamt kontra Finanzamt
Die Umsatzsteuer sorgt aber noch anderweitig für Verdruss: Immer wieder
kommt es vor, dass sich die Finanzämter des Leistungserbringers und des
Leistungsempfängers nicht einig sind, ob ein zu versteuernder oder ein
steuerfreier Umsatz vorliegt oder ob der volle Steuersatz von 19 Prozent
oder der ermäßigte von sieben Prozent gilt.

Ein Fall aus der Praxis: Ein Hamburger Unternehmen stellt für seine
Leistung an ein Münchner Unternehmen 19 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung,
weil es davon ausgeht, dass der Umsatz steuerpflichtig ist. Die Münchner
Firmaüberweist den Rechnungsbetrag inklusive Mehrwertsteuer und macht bei
ihrem Finanzamt einen entsprechenden Vorsteuerabzug geltend. Dieses erklärt
jedoch, dass sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, weil es sich um
einen steuerbefreiten Umsatz handele. Das Münchner Unternehmen informiert
seinen Hamburger Lieferanten, der darauf hin eine berichtigte Rechnung
stellt und die erhaltene Umsatzsteuer zurücküberweist. Jetzt erklärt das
Hamburger Finanzamt, der Umsatz sei doch steuerpflichtig.

Ergebnis: Einer der beiden Unternehmer ist der Dumme, obwohl aus
Lieferanten- wie aus Empfängersicht das Ganze ein Nullsummenspiel ist, ganz
gleich, zu welcher Auffassung man sich durchringt. Fiskalisch macht es
allerdings einen Unterschied, weil bei einem steuerbaren Umsatz Hamburg von
seinem Länderanteil an der Umsatzsteuer profitiert und Bayern durch die
Vorsteuererstattung entsprechend verliert. Immerhin geht es um einen hohen
sechsstelligen Umsatzsteuerbetrag. –Das Problem für die betroffenen
Steuerzahler ist, dass sie keinen Rechtsanspruch darauf haben, dass sich
die beteiligten Finanzämter zusammensetzen, um eine eindeutige Entscheidung
zu treffen–, sagt Ferdinand Rüchardt. Jetzt müssen die Finanzgerichte
entscheiden.

Bundesfinanzhof bremst Fiskus
Steuerzahler, die sich gegen Zumutungen der Finanzämter wehren, finden
immeröfter im Bundesfinanzhof einen Bundesgenossen. Auffällig ist, dass
zunehmend im Urteilstenor von steuerzahlerfreundlichen BFH-Entscheidungen
Formulierungen wie –entgegen der Auffassung des Bundesfinanzministeriums–
oder –entgegen der Finanzverwaltung– stehen. –Nachdem die Finanzämter in
den vergangenen Jahren einen immer strafferen und rigideren Kurs fahren,
sieht der BFH offensichtlich die Notwendigkeit, dieser rein fiskalischen,
also auf Steuermehreinnahmen um jeden Preis zielenden Sicht,
entgegenzutreten–, erklärt Ecovis-Vorstand Rüchardt. –Traurig ist
allerdings, dass es erst eines Urteils des höchsten Finanzgerichts bedarf,
damit der Staat unter dem Diktat leerer Kassen oder der drohenden
Schuldenbremse die Steuergesetze nicht einseitig zu seinen Gunsten
auslegt.– Aber weiterhin werden unliebsame Urteile spät oder nicht
veröffentlicht bzw. wird alsbald das Gesetz geändert.

Erbschaftsteuerreform verfassungswidrig?

Andererseits lässt der Gesetzgeber immer wieder Schlupflöcher offen, die
dem Gerechtigkeitsempfinden einer breiten Mehrheit der Bürger
widersprechen. Dazu zählen mögliche Gestaltungsmöglichkeiten im neuen
Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz, an deren Verfassungsmäßigkeit der
BFH in einem Vorlagebeschluss vom 15. Oktober 2011 Zweifel geäußert hat. So
soll es möglich sein, nicht begünstigtes Vermögen durch entsprechende
Konstruktionen in begünstigtes Betriebsvermögen zu verwandeln. Der BFH
sieht darin einen möglichen Verstoßgegen den allgemeinen
Gleichheitsgrundsatz und die Anforderungen, die das
Bundesverfassungsgericht in verschiedenen Urteilen zum alten
Erbschaftsteuerrecht daraus abgeleitet hat.

–Das Problem ist, dass durch die Umgehungskonstruktionen auch die generelle
Begünstigung des Betriebsvermögens ins verfassungsrechtliche Zwielicht
gerät, obwohl es dafür sehr wohl gewichtige Gemeinwohlgründe gibt–, sagt
Ecovis-Vorstand Lüdemann. –Ein starker Mittelstand, der hier zu Lande
investiert, Arbeits- und Ausbildungsplätze schafft und Steuern zahlt, ist
eine volkswirtschaftliche Trumpfkarte. Deshalb wäre es schädlich für uns
alle, wenn man die Verschonungslösung für Betriebsvermögen völlig aufheben
würde, statt nur ihren Missbrauch zu unterbinden.–

Vermögensteuer: vermintes Gelände
Während die Erbschaftsteuerreform unter Beschuss gerät, tut sich ein neues
steuerpolitisches Minenfeld mit unübersehbaren Folgen auf – Stichwort:
Wiedereinführung der Vermögensteuer. Die rot-grün regierten Bundesländer
wollen hier im Bundesrat die Initiative ergreifen. Hintergrund ist die
finanzielle Zwickmühle, in der die meisten Länder stecken: Einerseits
müssen sie wegen der Schuldenbremse bis 2016 ihre Neuverschuldung auf Null
bringen, andererseits können sie ihre Ausgaben nicht so leicht senken –
nicht zuletzt, weil sie riesige Pensionslasten vor sich her schieben und
zugleich für ein leistungsfähiges Bildungswesen sowie füröffentliche
Sicherheit und Ordnung sorgen müssen. Bleibt der Ausweg, die
Steuereinnahmen zu erhöhen – und da liegt die Vermögensteuer nahe, weil sie
allein den Bundesländern zusteht.

Ob die Vermögensteuer wirklich ein geeignetes Instrument ist, erscheint
allerdings zweifelhaft. Ecovis-Vorstand Lüdemann sieht hier –viele
Fragezeichen–. Der frühere Bundesverfassungsrichter und jetzige
BFH-Präsident Rudolf Mellinghof hat sich schon skeptisch geäußert. Dennähnlich wie die Erbschaft- und Schenkungssteuer würde die Vermögensteuer
nicht nur einen hohen administrativen Aufwand erfordern, und das Jahr für
Jahr, sondern auch Probleme bei der –gleichheitsgerechten Umsetzung–
aufwerfen.

So kann die Stichtagsbewertung von Kapitalvermögen bei heftigen Turbulenzen
an den Finanzmärkten zu ungerechten Belastungen oder Begünstigungen führen.
–Beim jetzigen niedrigen Zinsniveau würde ein Vermögensteuersatz von zum
Beispiel einem Prozent auf relativ sichere Anlagen wie Festgeld oder
Bundesanleihen konfiskatorisch (vermögensschädigend) wirken, erst recht
wenn man die Inflation berücksichtigt–, sagt Peter Lüdemann. –Bei
Immobilien wiederum würden die Renditen durch die Vermögensteuer erheblich
geschmälert, so dass zu erwarten ist, dass die Eigentümer sie auf die
Mieten umlegen. Dies würde gerade in Wachstumsregionen mit hohen
Grundstückswerten wie München zu sozial unverträglichen Wohnungsmieten
führen.–

Eine Alternative wäre, dass der Bund den Ländern einen höheren Anteil an
der Einkommen- und der Umsatzsteuer zugesteht und dafür entweder die
Bemessungsgrundlagen verbreitert (zum Beispiel, indem Wertsteigerungen beim
Immobilienverkauf generell besteuert werden) oder die Sätze erhöht – zum
Beispiel für Einkommen, die deutlichüber der Schwelle für den geltenden
Spitzensteuersatz von 42 Prozent liegen.

Welchen Weg der Staat auch wählt, die Steuerbelastung wird steigen,
fürchtet Ecovis-Vorstand Rüchardt. –Denn die Sozialdebatte um eine gerechte
Verteilung von Einkommen, Vermögen und Steuerlasten wird sich verschärfen
und dem Fiskus, der die Risiken der Euro-Krise tragen muss, Rückenwind
geben.– Es geht letztlich um die Frage: –Wann ist jemand reich und hat als
Steuerzahler entsprechende Mitverantwortung für das Land zu tragen?– Bei
seiner Antwort darauf –muss der Gesetzgeber–, so Rüchardt, –allerdings
aufpassen, dass die steuerlichen Konsequenzen nicht leistungsfeindlich
wirken und der Mittelstand nicht geschwächt wird–.Über Ecovis
Ecovis ist ein Beratungsunternehmen für den Mittelstand und zählt in
Deutschland zu den Top 10 der Branche. In den mehr als 130 Büros in
Deutschland sowie denüber 60 internationalen Partnerkanzleien arbeiten
etwa 3.800 Mitarbeiter. Ecovis betreut und berät Familienunternehmen und
inhabergeführte Betriebe ebenso wie Freiberufler und Privatpersonen. Um das
wirtschaftliche Handeln seiner Mandanten, darunter 20.000 gewerbliche
Kunden, zu sichern, bündelt Ecovis die nationale und internationale Fach-
und Branchenexpertise aller Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte
und Unternehmensberater. Jede Ecovis-Kanzlei kann auf diesen Wissenspool
zurückgreifen. Die ECOVIS Akademie ist zudem Garant für eine fundierte
Ausbildung sowie eine kontinuierliche und aktuelle Weiterbildung. Damit ist
umfassend gesichert, dass die Mandanten vor Ort persönlich gut beraten
werden.

Kontakt Ecovis

Ulf Hausmann
Ernst-Reuter-Platz 10, 10587 Berlin
Tel.: 030 – 310008-54, Fax:
030 – 310008-56
E-Mail: ulf.hausmann@ecovis.com www.ecovis.com

Ende der Finanznachricht

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03.07.2012 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht,übermittelt durch die DGAP – ein Unternehmen der EquityStory AG.
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