DGAP-News: Bundesverband der Wertpapierfirmen e.V. / Schlagwort(e):
Stellungnahme
EU-Finanztransaktionssteuer ohne eine zielgerichtete Ausnahme für
Market Maker gefährdet den Fortbestand des intermediärsgestützten
Marktmodells!
19.02.2013 / 08:36
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Bundesverband der Wertpapierfirmen
EU-Finanztransaktionssteuer ohne eine zielgerichtete Ausnahme für Market
Maker gefährdet den Fortbestand des intermediärsgestützten Marktmodells!
Am 14. Februar 2013 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine
Richtlinie des Rates zur verstärkten Zusammenarbeit im Bereich
Finanztransaktionssteuer veröffentlicht, welcher – vorbehaltlich der
einstimmigen Zustimmung – die 11 teilnehmenden Mitgliedsstaaten zur
Erhebung einer Steuer in Höhe von 0,1% (0,01% bei Derivaten) auf den Kauf
und den Verkauf von Finanzinstrumenten ab dem 1. Januar 2014 verpflichtet.
Neben einer Harmonisierung der derzeit in verschiedenen Mitgliedstaaten
erhobenen Finanztransaktionssteuern zielt der Vorschlag auf eine
–angemessene und substantielle Beteiligung– des Finanzsektors an denöffentlichen Einnahmen ab und soll darüber hinaus Geschäfte, welche für die
–Effizienz der Finanzmärkte und die Realwirtschaft– nicht förderlich sind,
unattraktiv machen.
Die unterzeichnenden Börsen weisen gemeinsam mit dem Bundesverband der
Wertpapierfirmen mit großer Sorge darauf hin, dass eine Umsetzung des
Richtlinienvorschlags in der vorliegenden Form neben den bekannten
allgemeinen negativen Folgen der Besteuerung von Finanzgeschäften in Form
steigender Transaktionskosten, höherer Kapitalbeschaffungskosten für die
Realwirtschaft und Einbußen für Sparer und Privathaushalte, geeignet ist,
das langjährig bewährte und gerade für den Privatanleger und
mittelständische Emittenten wichtige intermediärsgestützte Marktmodell zu
gefährden. Eine unveränderte Umsetzung des Richtlinienvorschlags würde
deshalb negative Auswirkungen auf den Finanzstandort Deutschland haben.
Ursächlich hierfür ist u.a. der Umstand, dass der aktuelle
Richtlinienentwurf, anders als die jüngst in Frankreich und Italien
eingeführten Finanztransaktionssteuern oder auch die –Stamp Duty– in
Großbritannien, weiterhin keine Ausnahme für Intermediäre bzw. Market Maker
vorsieht, die als ausführende Dienstleister die Preisfindung unterstützen
und durch die Zurverfügungstellung zusätzlicher Liquidität einen
ordnungsgemäßen Handel sicherstellen und entscheidend zur Markteffizienz
beitragen.
Der Verzicht auf eine zielgenaue Ausnahmeregelung für Market Maker
erscheint schon allein deshalb unverständlich, weil die Europäische
Kommission an anderer Stelle der aktuellen Finanzmarktgesetzgebung,
namentlich der EU-Leerverkaufsverordnung (EU 236/2012), ausdrücklich
anerkannt hat, dass Market Maker –bei der Bereitstellung von Liquidität auf
den Märkten in der Union eine maßgebliche Rolle– spielen und eine
Behinderung ihrer Tätigkeit –die Fähigkeit der Market Maker, für Liquidität
zu sorgen, erheblich einschränken und die Effizienz der Märkte in der Union
erheblich beeinträchtigen– würde.
Hinzu kommt, dass der Wertpapierhandel von Market Makern kein spekulatives
Geschäft, sondern eine Dienstleistung für andere darstellt. Market Maker,
die an den hiesigen Börsen ihre Tätigkeit als –Designated Sponsor–,
–Skontroführer–, –Spezialisten– oder –Quality-Liquidity-Provider– ausüben,
ermöglichen den Anlegern einen jederzeitigen Handel unabhängig von der
bereits vorhandenen Marktliquidität und stellen damit füröffentliche wie
private Emittenten wichtige Garanten für die Sicherstellung eines
funktionierenden Sekundärmarktes in normalen aber auch gerade in
angespannten Marktsituationen dar. Market Maker sind daher ein wichtiges
und unverzichtbares Element der hiesigen wie auch der europäischen
Wertpapiermärkte. Ihre Tätigkeit ist nicht allein aus Sicht der Anleger,
sondern auch der Gesamtwirtschaft wünschenswert und notwendig.
Diese Funktion jedoch könnten sie nicht mehr erfüllen, wenn die von ihnen
getätigten Geschäfte von der geplanten Finanztransaktionssteuer erfasst
würden: Der Market Maker als Intermediär zwischen den Anlegern tritt
jeweils als Käufer für den Verkäufer und als Verkäufer für den Käufer auf.
Es liegt auf der Hand, dass eine Besteuerung der hieraus resultierenden
(Hilfs-)Geschäfte zu einer faktischen Doppelbesteuerung führen würde, die
den Market Maker erheblich benachteiligen würde. Angesichts der Tatsache,
dass die geplante Finanztransaktionssteuer in Höhe von 0,1% die im Market
Making erzielbaren Provisionen bei weitemübersteigen würde und der Market
Maker aufgrund des starken Wettbewerbs diese Belastung auch nicht auf die
Anleger abwälzen könnte, würde eine Besteuerung dem Market Maker basierten
Handel die wirtschaftliche Grundlage entziehen. Im Ergebnis würde dies
intermediärsgestützte Marktmodelle mit ihren auf die Bedürfnisse von
Privatanlegern und mittelständischen Emittenten ausgerichteten Angeboten in
ihrer bestehenden Struktur gefährden und möglicherweise zum Verschwinden
bringen.
Vor diesem Hintergrund setzen sich die hiesigen Börsen gemeinsam mit dem
Bundesverband der Wertpapierfirmen mit Nachdruck dafür ein, dass im Zuge
der anstehenden Ratsdiskussionen – nach französischem und italienischem
Vorbild – eine vom Anwendungsbereich her begrenzte und zielgerichtete
Bereichsausnahme für den Market Maker gestützten Wertpapierhandel in den
Richtlinienvorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer im
Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit aufgenommen wird.
Ansprechpartner:
Bundesverband der Wertpapierfirmen e.V. (bwf)
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Tel.: +49 (0) 69 92 10 16 91
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Ende der Finanznachricht
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