Vier Astronomen, die einen Weg gefunden haben, die Entstehung des
Universums nachzuahmen, sind die Gewinner des Cosmology-Preises 2011
der Peter and Patricia Gruber Foundation. Marc Davis, Professor für
Astronomie und Physik an der University of California in Berkeley;
George Efstathiou, Direktor des Kavli Institute for Cosmology in
Cambridge; Carlos Frenk, Direktor des Institute for Computational
Cosmology der Durham University und Simon White, einer der Direktoren
Max Planck-Instituts für Astrophysik in Garching (Deutschland) teilen
sich das Preisgeld in Höhe von 500.000 USD.
In der offiziellen Erwähnung werden die Astronomen — von ihren
Kollegen auch freundschaftlich als „Gang of Four“ („Vierergruppe“)
bezeichnet und oft als DEFW abgekürzt — für ihre „wegweisende
Nutzung numerischer Simulation zur Nachstellung und Interpretation
der grossflächigen Ausbreitung von Materie im Universum“ geehrt. Der
Gruber-Preis zeichnet sowohl die Entdeckungsmethode, die DEFW
entworfen haben, als auch die daraus folgenden Entdeckungen des Teams
aus.
Davis, Efstathiou, Frenk und White erhalten anlässlich einer
Zeremonie in diesem Herbst jeder einen gleichen Anteil des Preisgelds
sowie eine goldene Medaille. Ausserdem werden sie einen Vortrag
halten.
Astronomen haben uns von jeher gesagt, wie das Universum
aufgebaut ist. Theoretiker haben sich von jeher den darüber Kopf
zerbrochen, wie es wohl dazu gekommen sein könnte. Doch erst im
Zeitalter des Computers konnten Wissenschaftler, die die Evolution
des gesamten Universums erforschten, die einzelnen Gedanken der
Gelehrten und die offensichtlichen Spuren zusammenfügen.
Der besondere Beweis, der die Forscher zur Schaffung des
DEFW-Teams motivierte, war eine Studie des Harvard-Smithsonian Center
for Astrophysics von 2400 Galaxien in unterschiedlicher Distanz zur
Erde 1981 — für die damalige Zeit eine ungewöhnliche Studie dazu,
wie die grossen Dimensionen des Himmels aussehen. (Davis leitete das
Projekt.) Die CfA-Studie ergab einen ersten Hinweis auf das heute
sogenannte „kosmische Netz“ — Galaxien, die wie lange Fäden, oder so
genannte Superhaufen, welche von riesigen Hohlräumen getrennt sind,
angeordnet sind.
Es kursierten zwei konkurrierende Theorien darüber, wie sich
Materie in dieser Weise hatte zusammenfügen können. Beide Theorien
zogen die Existenz dunkler Materie in Betracht, einer rätselhaften
Substanz, die Astronomen bereits in den 1970er Jahren als
unbestreitbares Element im kosmischen Puzzle akzeptiert hatten,
wodurch die Bewegungen der Galaxien erklärt werden konnten, die
andernfalls mit den Gesetzen der Physik nicht vereinbar gewesen
wären. Bei einer Theorie handelte es sich um „heisse dunkle Materie“
– „heiss“, da sich die Partikel zu Beginn mit einer Geschwindigkeit
fortbewegten, die der Lichtgeschwindigkeit nahe kommt. Solche
schnellen Partikel liessen die „reguläre“ Materie hinter sich, aus
der sich Galaxien bildeten, und die sich so nicht um sie herum
verklumpen konnte. Die andere Theorie lautete „kalte dunkle Materie“.
Hierbei handelte es sich um relativ schwerfällige Partikel, die sich
zu Galaxienhalos zusammengeschlossen hatten und so die reguläre
Materie mit sich zogen.
Die Studie des Center for Astrophysics gab Astronomen die
Möglichkeit, beide Theorien zu testen — jedoch nur dann, wenn sie
herausfinden konnten, wie die Bildung des Universums im Laufe von
Milliarden von Jahren nachgebildet werden kann.
Hier kommt die Gang of Four ins Spiel. Obwohl bereits andere
Astronomen mit Mehrkörpersimulation gearbeitet hatten (im Englischen
N-Body-Simulation genannt, da sie eine Anzahl von Punkten, N,
verfolgt, von denen jeder eine Massenkonzentration darstellt), konnte
ihr Kode keinen N darstellen, der gross genug war, um die Dimensionen
des Universums zu simulieren. Efstathiou jedoch ging davon aus, dass
ein Kode zur Simulation ionischer Mikrokristalle verwendet werden
könne. So übernahm er diese für die Kosmologie, und Davis, Frenk und
White verwendeten diesen Kode, um darzustellen, dass ein simuliertes
Universum auf der Basis der Theorie der heissen dunklen Materie nicht
im Entferntesten mit den CfA-Beobachtungen übereinstimmten.
Dann zeigten Davis, Efstathiou, Frenk und White anhand von fünf
bedeutenden Papers zwischen 1985 und 1988, dass die Beobachtungen der
Galaxien, Materienhaufen, Fäden und Löcher mit einem simulierten
Universum übereinstimmten, das sich durch den Einfluss der kalten,
dunklen Materie entwickelt hatte.
„Die Papers von DEFW läuteten eine neue Ära ein, in der
numerische Simulationen zum Standard bei kosmologischen Studien
wurden“, erklärte Wendy Freedman, Crawford H. Greenewalt,
Vorsitzender und Leiter der Observatories der Carnegie Institution in
Washington und Vorsitzender des Auswahlgremiums für den Gruber
Cosmology-Preis 2011.
Kalte, dunkle Materie (oder CDM) ist heute eine der beiden
Schlüsselkomponenten des kosmologischen Standardmodells. Die andere
Komponente ist die Beschleunigung der Entwicklung des Universums,
eine Entdeckung, die in den späten 1990er Jahren gemacht wurde und
die durch die Simulationen von DEFW absehbar war. Wissenschaftler
bezeichnen die Quelle für die Beschleunigung mit dem mathematischen
Symbol Lambda, doch sie ist in Anlehnung an den Begriff dunkle
Materie besser bekannt als „Dunkle Energie“.
Noch weiss niemand, was dunkle Materie oder dunkle Energie
wirklich ist. Doch je umfangreicher und detaillierter die
Beobachtungen des Universums werden, desto mehr wird Lambda-CDM zu
einem Standardmodell in der Kosmologie. Die Kombination heutiger
Forschung und Theorien weist darauf hin, dass das Universum aus 4,6
Prozent „normaler“ Materie, 23,3 Prozent dunkler Materie und 72,1
Prozent dunkler Energie besteht. Numerische Simulationen dieser Art,
die DEFW als erste lieferten, zeigen, dass ein Universum mit dieser
erstaunlich präzisen und dennoch seltsamen Zusammensetzung doch
Strukturen entwickelt, die uns so fremd nicht sind.
Zusätzliche Informationen
Die offizielle lobende Erwähnung lautet folgendermassen:
Die Peter and Patricia Gruber Foundation freut sich, den
Cosmology-Preis 2011 an Marc Davis, George Efstathiou, Carlos Frenk
und Simon White für deren bahnbrechende Verwendung numerischer
Simulationen zur Nachbildung und Interpretation der grossflächigen
Anordnung von Materie im Universum zu übergeben.
Kosmologische Simulationen erlauben eine direkte Konfrontation
zwischen Beobachtung und Theorie, und sie haben die Art und Weise,
wie wir das Wachstum der Struktur im Universum wahrnehmen und
darstellen, verändert.
Die Arbeit der Professoren Davis, Efstathiou, Frenk und White
verleiht der Theorie zur „kalten dunklen Materie“ als die dominante
Form von Materie in unserem Universum einen grossen Schub und ist
daher für die Darstellung unseres aktuellen Bilds des Kosmos von
höchster Bedeutung.
Das internationale Auszeichnungsprogramm von Gruber ehrt
zeitgenössische Individuen in den Bereichen Kosmologie, Genetik,
Neurowissenschaft, Recht und Frauenrechte, deren bahnbrechende
Forschung neue Modelle bietet, die bedeutende Fortschritte für Wissen
und Kultur bedeuten. Das Auswahlgremium wählte Individuen aus, deren
Beiträge in ihren jeweiligen Bereichen unseren Wissensbereich
erweitern und einen tiefgreifenden Einfluss auf unser Leben haben,
und die, so wie im Falle der Preise für recht und Frauenrechte, Mut
und Einsatz hinsichtlich grosser Hürden zeigen.
Die Peter and Patricia Gruber Foundation ehrt und unterstützt
herausragende Leistungen, soziale Gerechtigkeit und wissenschaftliche
Leistungen, die das Leben der Menschen verbessern. Weitere
Informationen zu den Vorgaben und Prioritäten der Stiftung finden Sie
unter http://www.gruberprizes.org.
Ansprechpartner Presse: Kontakt zur Stiftung:
Cassandra Oryl Bernetia Akin
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