Du sollst nicht funktionieren

Du sollst nicht funktionieren
 

Meditation ist längst ein Trend-Thema in Business und Beratung. Der wachsende Stresspegel in der Arbeitswelt wirft für immer mehr Menschen die Frage auf, wie sie den heutigen Anforderungen gerecht werden können, ohne sich dabei zu verschleißen. Immer mehr wissenschaftliche Studien legen nahe, dass Achtsamkeit noch unerschlossene menschliche Potentiale weckt. Sie fördert nicht nur die Resilienz, sie lässt uns auch mit einem frischen Blick auf die großen Fragen der Zeit schauen. Der 5. Kongress Meditation & Wissenschaft, der am 30. November / 1. Dezember 2018 in Berlin stattfinden wird, widmet sich diesem Spannungsfeld unter dem Titel Meditation zwischen Abgrund und Nirvana – Selbstoptimierung für eine bessere Welt?

Komplexität meistern mit Vitamin A(chtsamkeit)

Immer mehr Unternehmen machen die oft leidvolle Erfahrung, dass die wachsende Komplexität im Business sich nicht kontrollieren lässt. Wie ihr also konstruktiv begegnen? Best Practices aus großen Unternehmen und dem Mittelstand zeigen, dass sich mit Meditation die kollektive Intelligenz von Teams fördern und dabei auch die Gesundheit der Mitarbeiter verbessern lässt. Eine Studie illustriert, wie sich RWE im radikalen Wandel der Energiemärkte durch Achtsamkeit im Change Management neu erfindet.

In einem Talk verraten Andreas Clausen, Corporate Direktor Forschung und Entwicklung und Achtsamkeitsbotschafter bei Beiersdorf, Marie Koch, bei den Upstalsboom Hotels für den Bereich Kultur & Entwicklung tätig, und Roman Rittweger, Gründer der Unternehmensberatung „Advisors in Healthcare“ und der digitalen Privaten Krankenversicherung ottonova, wie Meditation im Business Mehrwert schafft und wie sich Achtsamkeit am besten in den Arbeitsalltag integrieren lässt.

Neuro-Enhancement auf dem Prüfstand

Die „Erfolge“ von Achtsamkeit wecken allerdings auch Begehrlichkeiten, die das Wesen von Meditation konterkarieren, beispielsweise wenn neue digitale Tools Durchbrüche in Sachen Selbstoptimierung versprechen. Fest steht, dass Achtsamkeit den geistigen Autopiloten überwinden kann. Was das im Hinblick auf die innere Freiheit des Menschen bedeutet, wird John-Dylan Haynes, Direktor des Berlin Center for Advanced Neuroimaging, am Beispiel seiner Aufsehen erregenden Studien zum freien Willen näher betrachten.

Biofeedback oder die Audio-Stimulation mit binauralen Beats können Meditations-Anfängern den Einstieg in eine regelmäßige Übungspraxis erleichtern. Experten aus Medizin, Psychologie und Philosophie stellen beim Kongress die neuen technischen Helfer auf den Prüfstand und erklären, welche Wirkungen sich wissenschaftlich nachweisen lassen – und auch, wo mehr Schein als Sein im Spiel ist. Ein Talk geht außerdem der Frage nach, wie viel Optimierung das Loslassen verträgt und ob technologisch gestützte Selbstverbesserungg nicht vielleicht sogar die Welle kultureller Beschleunigung verstärkt, die den Bedarf nach einer Steigerung menschlichen Potenzials überhaupt erst weckt.

„Du sollst nicht funktionieren“

Säkulare Übungswege haben in den letzten zehn Jahren der Meditation den Weg in die Mitte der Gesellschaft geebnet. Doch kann es auf Dauer funktionieren, eine Methode, die ursprünglich komplexen philosophischen und spirituellen Traditionen entstammt, zu profanisieren und in den Dienst des Persönlichen zu stellen – als „McMindfulness to go“? Im Dialog werden die Sinnforscherin Tatjana Schnell und der Gesundheitsforscher und Psychologe Harald Walach nach dem Sinn jenseits des Selbst fragen und eruieren, warum Bewusstsein gerade keine Privatsache ist und die Entwicklung einer Kultur des Geistes dringlicher denn je erscheint.

Auch die Festvorträge der beiden Kongresstage öffnen den gesellschaftlichen und kulturellen Horizont, innerhalb dessen der Meditations-Hype bisweilen bizarre Blüten treibt. „Du sollst nicht funktionieren“, plädiert die Philosophin Ariadne von Schirach für eine neue Lebenskunst, die menschliche Innenwelt und kulturelle Außenwelt in einem neuen Miteinander denkt. Der bekannte Fernsehmoderator Gert Scobel wird einen Blick auf die Paradoxien der Meditation werfen und das Spannungsfeld von Weisheit und Wissenschaft, säkularer Ethik und Fiktion eingehender betrachten.

Meditation wirkt – bis auf die Gen-Ebene
Achtsamkeit bewirkt etwas. Neueste Forschungen, die auf dem Kongress vorgestellt werden, weisen sogar eine Wirkung von Meditation bis auf die Gen-Ebene nach. Das ist mit ein Grund, warum Achtsamkeitsübungen Einzug ins Coaching gehalten haben. Sie fördern die Selbstwahrnehmung und Selbstmitgefühl und erleichtern es Menschen, gestärkt mitten im Leben zu stehen, wie Dr. Christine Brähler in ihrem Beitrag zu Resilienz zeigen wird.

Der Kongress bietet Coaches und Beratern einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der Forschung, zeigt mit Best practices, wie Unternehmen Achtsamkeit integrieren und gibt Anregungen, wie Mindfulness sich in Beratungskonzepte integrieren lässt.