Nach dem „Schwarzen Montag“ direkt der „Schwarze Donnerstag“:
Die Panik an den globalen Finanzmärkten wegen des Coronavirus hat wieder ein
neues Level erreicht und zu einem crashartigen Ausverkauf geführt – ausgelöst
primär durch das von US-Präsident Donald Trump erlassene Einreiseverbot für
Europäer. In dieser Gemengelage konnte die Europäische Zentralbank (EZB) mit
ihrem Entscheid eigentlich nur verlieren – dumm gelaufen.
Dabei hat die EZB für sich eine kluge Entscheidung getroffen: Mit neuen und
nachgebesserten langfristigen Refinanzierungsgeschäften will sie auf
geldpolitischer Seite zielgerichtet die Kreditvergabe der Banken unterstützen,
speziell an kleine und mittlere Unternehmen. In die gleiche Richtung zielen auch
die Erleichterungen, die die EZB-Bankenaufsicht parallel verkündet hat. Trotz
aller Bedenken hinsichtlich der nötigen Trennung („chinese walls“) der Bereiche
– beide Maßnahmen sind gut: Eine Kreditklemme ist jetzt das Letzte, was die arg
gebeutelte Euro-Wirtschaft braucht.
Richtig ist auch, dass die EZB auf die von nahezu allen erwartete Zinssenkung
verzichtet hat: Der zu erwartende Nutzen wäre gering gewesen, der mögliche
Schaden aber hoch. Und auf einen Abwertungswettlauf mit der US-Notenbank sollte
sie sich ohnehin nicht einlassen. Ob die Aufstockung der Anleihekäufe
(Quantitative Easing, QE) bereits jetzt nötig war, darüber lässt sich trefflich
streiten. Solange die schlechten Nachrichten rund um das Coronavirus nicht
abreißen, wird auch noch so viel Zentralbankgeld die Investoren kaum beruhigen.
Wichtig aber ist, dass die QE-Aufstockung zumindest zeitlich befristet ist.
Viele hatten auf Lagardes „Whatever it takes“-Moment gehofft – in Analogie zum
Juli 2012, als Lagarde-Vorgänger Mario Draghi versprach, alles zu tun, um den
Euro zu erhalten. Lagarde hat das in der Form vermieden und zu Recht eine andere
klare Botschaft formuliert: Bei einer Krise wie dem Coronavirus sei zuallererst
die Politik und speziell die Fiskalpolitik gefordert.
Tatsächlich kann und muss die EZB ihren Beitrag leisten – aber alleine ist sie
überfordert. Das größte Problem ist derzeit nicht ein Mangel an billigem Geld.
Das größte Problem ist ein Mangel an politischer Koordinierung – in
Gesundheitsfragen, also bei effektiven Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, wie
in ökonomischen Fragen, also bei (fiskalischen) Hilfen für die Wirtschaft.
Streit und Flickschusterei haben da zu einem beispiellosen Kontroll- und auch
Vertrauensverlust geführt. Die Politik muss sich endlich zusammenraufen – in
Europa, am besten aber weltweit.
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