
Tirol baut auf Holz – und zwar konsequent. Traditionelle Handwerkskunst und unternehmerische Kreativität bilden in den alpinen Tälern beispielhafte Synergien und lassen die Holzbranche florieren. Herauszufinden, weshalb die Tiroler den ebenfalls holzaffinen Schwarzwäldern in Sachen Kooperationen weit mehr als eine Baumlänge voraus sind, war das Ziel einer vom Land Baden-Württemberg unterstützten Expertenreise des Netzwerks Holz+Möbel Nordschwarzwald unter Leitung der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald GmbH (WFG).
Das Netzwerk lebt! ProHolz Tirol ist als unternehmensnahes Cluster eine Initiative mit internationalem Beispielcharakter. Dies war die Quintessenz der vom Land Baden-Württemberg geförderten Expertenreise der WFG in das österreichische Bundesland. Was die holzaffine Schwarzwälder Delegation aus Wirtschaftsfördern und Unternehmern mit Blick auf das vom Land prämierte RegioHOLZ-Projekt beschäftigte, war die Frage, weshalb in Tirol, ja sogar in ganz Österreich, die Netzwerkinitiativen im Bereich Holz in den letzten Jahren zu wahren Selbstläufern avancierten, während es ähnlichen Konstrukten, explizit auch in der Region Nordschwarzwald, kaum gelingt Fuß zu fassen.
Die Voraussetzungen am Inn und an der Enz sind nahezu identisch: Wald ist das dominierende Landschaftsbild und Holz ein Baustoff mit Tradition und regionalen Wurzeln. Während jedoch in Tirol der Holzbau ein prämiertes Projekt nach dem anderen auf den Siegertreppchen internationaler Architekturwettbewerbe platziert und damit nachhaltige Trends setzt, greifen Bauwillige im Schwarzwald immer häufiger zu mineralische Baustoffen.
Holzbau Höck in Kundl ist ein namhafter Holzbaubetrieb im Inntal. Er war eine der Anlaufstellen der von ProHolz Tirol begleiteten Expertenreise. Als Unternehmer steht Hannes Höck mittendrin im Tiroler Holz-Hype. „Vor zehn Jahren musste man ein Holzhaus fast verschenken und heute ist ein entsprechendes qualitativ hochwertiges Projekt ein echtes Prestigeobjekt“, resümierte Hannes Höck. Und der agile Unternehmer findet dafür gleich eine simple Erklärung: „Das Marketing von ProHolz Tirol hat gewirkt“.
„Die Initiative ProHolz Tirol bündelt als Netzwerk die Kräfte der Holz-Branche“, erklärte Simon Holzknecht, der stellvertretende Geschäftsführer von ProHolz seinen Schwarzwälder Kollegen das schlagkräftige Tiroler Konstrukt. Holzknecht sieht seine Organisation primär als Impulsgeber: „Wir übernehmen zwar alle zentralen Aufgaben der klassischen Netzwerkarbeit, ProHolz Tirol lebt jedoch vom Engagement seiner Unternehmen“. Ein Blick in die Mitgliederliste des Netzwerk offenbart Beachtliches: Vom Ein-Mann-Zimmereibetrieb bis zum global agierenden Unternehmen der Säge- und Holzindustrie scheint die Branche lückenlos vertreten zu sein.
Für Franz Binder, Geschäftsführer der weltweit agierenden Binder Holz GmbH mit über 400 Millionen Euro Jahresumsatz und rund 1.100 Mitarbeitern, ist das Engagement als Beiratssprecher von ProHolz Tirol weit mehr als wirtschaftliche Notwendigkeit. Es ist für ihn ein Ausdruck der Identifikation mit seiner Heimatregion. Holz ist für die rührigen Unternehmer Franz Binder, Hannes Höck und ihre Kollegen mehr als nur ein authentischer Werkstoff, vielmehr es ist die Basis einer beispielhaften gesamtregionalen Zusammenarbeit. Wie weit diese Partnerschaft reicht, wurde den Teilnehmern der Expertenreise bei ihren weiteren Anlaufstellen, dem Holzbaulehrstuhl der Universität Innsbruck, der Tiroler Berufsfachschule für Holztechnik und der Standortagentur Tirol anschaulich vor Augen geführt. „Man kennt sich, man schätzt sich und man ist ein gutes Stück zusammengerückt, um einer globalisierten Welt die hölzerne Stirn bieten zu können“, fasst Forstingenieur Holger Rothfuss, Projektleiter der Netzwerkinitiative Holz+Möbel Nordschwarzwald, die Ergebnisse der Reise zusammen.
WFG-Aufsichtsratsmitglied Florentin Goldmann und WFG-Geschäftsführer Steffen Schoch sind ebenfalls beeindruckt von dem, was die Mitarbeiter des Tiroler Verbandes gemeinsam mit ihren Kollegen auf nationaler Ebene auf den Weg gebracht haben. „In Österreich ist man uns mindestens um zehn Jahre voraus“, kommentiert Schoch den Sachstand im Nachbarland. Das Resümee von Ralf Heinzelmann, dem Wirtschaftsbeauftragten der Stadt Freudenstadt und Mitglied der RegioHOLZ-Arbeitsgruppe, formuliert zugleich die Hausaufgaben für die Nordschwarzwälder: „Erst wenn es uns gelingt wirklich alle Holzwürmer für ein Netzwerkprojekt zu begeistern kann ein solches im Nordschwarzwald auch zum Erfolg führen“.
Cluster Holz+Möbel Nordschwarzwald
Das 2012 von der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald GmbH initiierte Cluster Holz+Möbel engagiert sich in der Verknüpfung der Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette Holz mit Schwerpunkt im Bereich der Nordschwarzwälder Kompetenzbranche Möbel. Im Rahmen des RegioHOLZ-Projekts soll dieses Cluster auf die gesamte Wertschöpfungskette ausgedehnt werden.
Hintergrund RegioHOLZ
RegioHOLZ ist eines der beiden vom Land Baden-Württemberg beim Fördermittelwettbewerb RegioWIN prämierten Projekte der Region Nordschwarzwald. Ziel ist es die Holzbranche in der Region durch eine intensive Vernetzung und die Schaffung einer zentralen Struktur als Kompetenzstelle zu stärken.