– Bei den 2019 neu gewählten DAX-30-Aufsichtsräten wird Frauenquote
unterschritten
– Zahl der Digitalexperten in Aufsichtsräten steigt rasant
– Internationalisierung wenig ausgeprägt: 70% der Aufsichtsräte
kommen aus Deutschland
– Verflechtung der DAX-30-Unternehmen über Aufsichtsräte nimmt stark
ab, aber nach neuem Corporate Governance Kodex müssten
Aufsichtsräte 82 Mandate abgeben
– Deutsche Bank-Aufsichtsräte mit höchster Vergütung im DAX
Ein Jahr nach Erreichen der gesetzlichen Frauenquote von 30% in
den DAX-30-Aufsichtsräten (Aktionärsvertreterseite) ist beim Anteil
der Frauen bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten ein Rückgang zu
verzeichnen. Der Frauenanteil unter den neu gewählten Aufsichtsräten
betrug nur 23%; das ist der niedrigste Wert seit 2010. Die Quote ist
nur deshalb nicht gefallen, weil proportional mehr Männer als Frauen
ausgeschieden sind; sie liegt aktuell bei 32,3%.
Auch bei der Besetzung der Vorsitze von Aufsichtsräten und deren
Ausschüssen mit Frauen ging es nur langsam voran. Unter den 30
Aufsichtsratsvorsitzenden gibt es 2019 zwei Frauen (mit Martina Merz
bei Thyssen Krupp eine mehr als 2018) und von den 132
Ausschussvorsitzen sind 17 mit Frauen besetzt (zwar sechs mehr als im
Vorjahr, wovon aber fünf Vorsitze in Ausschüssen auf Martina Merz
entfallen). Das geht aus einer Erhebung der Personalberatung Russell
Reynolds Associates hervor. Seit neun Jahren analysiert das auf die
Besetzung von Spitzenpositionen spezialiserte Unternehmen die
Zusammensetzung der Aufsichtsräte der DAX-30-Unternehmen in einer
jährlichen Studie.
„Die Dynamik beim Wachstum des Frauenanteils ist 2019 zum Erliegen
gekommen. Auch der Einfluss in den DAX-30-Aufsichtsgremien steigt nur
langsam. Gemessen in Aufsichtsrats- und Ausschussvorsitzen besteht
die ungleiche Machtverteilung zwischen Männern und Frauen weiterhin“,
so Jens-Thomas Pietralla, Leiter der Europäischen CEO & Board
Praxisgruppe bei Russell Reynolds Associates. „Das gilt auch für die
Vorstände. Zwar haben acht DAX-30-Unternehmen einen Frauenanteil von
20% oder höher. Sieben Unternehmen haben aber immer noch einen rein
männlichen Vorstand.“
Signifikante Fortschritte gab es hingegen bei der Besetzung von
DAX-30-Aufsichtsräten mit Digitalisierungexperten: zehn
Digital-Fachleute sind 2019 neu in die Aufsichtsräte gewählt worden.
Mehr als zwei Drittel der DAX-30-Unternehmen verfügen nun über
Digitalkompetenz im Aufsichtsgremium.
Weiter kommt die Russell Reynolds-Studie zu dem Ergebnis, dass die
Verflechtung der DAX-30-Aufsichtsräte untereinander stark abgenommen
hat. Sieben Unternehmen sind über ihre Aufsichtsräte mit fünf oder
mehr DAX-30-Unternehmen verbunden, 16 Firmen sind mit bis zu vier
anderen DAX-30-Unternehmen vernetzt, sieben Unternehmen haben
überhaupt keine Verbindung zu den Aufsichtsräten der anderen
DAX-30-Unternehmen. Entsprechend ist die Ämterhäufung im DAX 30
zurückgegangen. „Die Entflechtung schreitet weiter voran, die Häufung
von Aufsichtsratsämtern im DAX 30 nimmt ab. Die früher als
Deutschland AG kritisierte Querverflechtung existiert so nicht mehr“,
resümiert Dr. Thomas Tomkos, Leiter der deutschen CEO & Board
Praxisgruppe bei Russell Reynolds Associates.
Allerdings müsste sich bei Umsetzung aller Empfehlungen des neuen
Deutschen Corporate Governance Kodex – auch nach der neuesten
Überarbeitung – die jetzige Zusammensetzung der DAX-30-Aufsichtsräte
noch einmal ganz erheblich ändern, wie die Studie aufzeigt: Sieben
Aufsichtsratsvorsitzende und 14 Aufsichtsräte wären nach neuer
Definition des Kodex nicht unabhängig, d.h. länger als zwölf Jahre im
Amt. 38 Aufsichtsräte wären nach neuer Definition
–Overboarding-gefährdet–, würden also zu viele Mandate halten. Um dem
Kodex in der neuesten Fassung zu entsprechen, müssten
Aufsichtsratsvorsitzende insgesamt 23 Ämter niederlegen, weitere
–normale– Aufsichtsräte sich in Summe von 59 Mandaten trennen. Somit
müssten die jetzigen DAX-30-Aufsichtsräte insgesamt 82 Mandate in
Aufsichtsräten oder vergleichbaren Kontrollgremien abgeben. „Die
Einführung und strenge Auslegung des neuen Governance Kodex hätte
enorme Sprengkraft“, urteilt Thomas Tomkos.
Bei der Internationalisierung der Aufsichtsgremien gab es in 2019
zwar einen leichten Anstieg; der Anteil der Aufsichtsräte ohne
deutschen Pass ist von 28% auf 30% gestiegen. Die Hälfte dieser
Zunahme resultiert aber aus dem Zusammenschluss von Linde mit
Praxair, über den vier US-Amerikaner neu im DAX 30 vertreten sind.
„Bei der Internationalisierung hinkt Deutschland anderen Ländern
hinterher“, so Tomkos. Zum Vergleich: Beim Schweizer Pendant zum DAX
30, dem SMI, ist der Anteil der Nicht-Schweizer unter den
Verwaltungsräten fast doppelt so hoch (57%).
Auch die Vergütung im Jahr 2018 war Gegenstand der Untersuchung
von Russell Reynolds. Hier gibt es ein starkes Gefälle innerhalb des
DAX. Ganz oben steht die Deutsche Bank. Ein Aufsichtsrat der
Deutschen Bank bekommt das Sechsfache von dem, was ein Aufsichtsrat
von Merck bekommt. Die durchschnittliche Vergütung eines
DAX-Aufsichtsrats betrug 191.000 Euro, ein Plus von 7,3% gegenüber
dem Vorjahr. Groß ist auch der Abstand zur Vergütung der
Vorstandsvorsitzenden der DAX-30-Unternehmen. Ein CEO bekommt im
Schnitt 14 Mal so viel wie der Vorsitzende eines Aufsichtsrats. Auch
die Gesamtvergütung der Vorstände innerhalb des DAX weicht stark
voneinander ab. Die Deutsche Bank wandte im letzten Jahr über 70
Millionen Euro für ihre zehn Vorstände auf, elf Mal so viel wie RWE
für seine beiden Vorstände.
Studie herunterladen: http://ots.ch/qtNDXf
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