– Auf wissenschaftlicher Grundlage muss die Stromversorgung in
Europa zur Erreichung von Klimaschutzzielen und
Versorgungssicherheit alle Energieträger mit einbeziehen
– Forschungsanstrengungen für Zukunftstechnologien der
Stromversorgung sind zu intensivieren
– Netzausbau und Speichertechnologien haben eine Schlüsselrolle
bei der Integration der Erneuerbaren
Der Wissenschaftliche Beirat des europäischen technischen
Fachverbandes für die Strom- und Wärmeerzeugung VGB PowerTech,
zusammengesetzt aus 30 Professoren der Kraftwerkstechnik aus acht
europäischen Ländern, hat seine Sicht der Situation der europäischen
Elektrizitätsversorgung und seine Besorgnisse und Empfehlungen zur
Ausgestaltung der zukünftigen Forschungserfordernisse auf diesem
Gebiet in einer neuen 32-seitigen Stellungnahme
„Kraftwerke 2020+“ – Kraftwerksoptionen für die Zukunft
zusammengefasst. Die Experten aus allen Gebieten der
Stromerzeugung bewerten Entwicklungen und geben detaillierte
Empfehlungen für eine ressourcen- und umweltschonende Stromerzeugung
sowie deren Umstellung auf ein Maximum an CO2-armen
Erzeugungstechniken:
– Europa ist Technologieführer und muss Vorbild bei der schnellen
Verringerung von Treibhausgasemissionen – insbesondere CO2 –
werden,
– der Stromerzeugung kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu,
– hierzu muss das gesamte zur Verfügung stehende Primärenergie-
und Technologieportfolio eingesetzt werden,
Der Beirat geht – auch nach der Wirtschaftskrise und trotz aller
Sparbemühungen – von einem mit 0,9 %/Jahr historisch relativ
moderaten Anstieg der jährlichen EU-Stromproduktion von 3.300
Milliarden kWh in 2005 auf 3.700 Milliarden kWh bis 2020 aus.
Zusätzlich zu diesen 400 Milliarden kWh Mehrbedarf ergibt sich für
diesen Zeitraum ein altersbedingter Ersatzbedarf von 800 Milliarden
kWh.
In der Studie wird davon ausgegangen, dass dieser Zusatzbedarf
über die drei Säulen
– Kohleverbrennung und -vergasung,
– Erneuerbare Energien (im Wesentlichen Offshore-Wind und
Solarenergie) und
– Kernenergieeinsatz
dargestellt werden muss.
Hierbei sind die folgenden Randbedingungen zu berücksichtigen:
– Erneuerbare Energien sollen entsprechend Zielen der Politik
einen zunehmenden Beitrag zur Strombereitstellung leisten. Ihr
Anteil könnte dabei bis 2030 in Deutschland auf 50 % steigen.
Hieraus werden besondere Anforderungen an die
Versorgungssicherheit erwachsen.
– Erneuerbare Energien können aufgrund ihrer
Dargebotscharakteristik nur zu weniger als 10 % ihrer
installierten Leistung als gesicherte Leistung gezählt werden,
damit können sie – sofern keine ausreichenden Speicher
existieren – zwar Brennstoffe ersetzen, aber praktisch keine
Kraftwerke (notwendige Backup-Leistung zur Lastregelung und
damit Netzstabilisierung).
– Um den weiteren Ausbau der Erneuerbaren überhaupt in diesem Maße
zu ermöglichen und gleichzeitig das elektrische Netz stabil zu
halten, kann auf den Einsatz von zentraler Stromerzeugung nicht
verzichtet werden.
– Diese Erzeugung muss aber klimaverträglich sein, sodass auf die
CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) nicht verzichtet
werden kann.
– Pumpspeicherpotenziale sind in Europa weitgehend ausgenutzt, die
Hochspannungsnetze stoßen bereits jetzt an ihre Grenzen,
– Andere diskutierte Speichermöglichkeiten wie Luftdruckspeicher
oder Batterien (incl. Elektroautobatterien) sind im betrachteten
Zeitraum wirtschaftlich nicht darstellbar,
– Das Potenzial von chemischen Speichern an Standorten der
Prozesschemie in Europa sollte vor diesem Hintergrund als
aussichtsreiche und technisch breit gefächerte Option mit
geprüft werden.
– Der Hochtemperaturreaktor (Generation IV) ist die einzige
CO2-freie Hochtemperaturquelle, die sich neben der
Stromerzeugung für technische Stoffumwandlungsprozesse, z.B. zur
Erzeugung von Wasserstoff durch Heißdampfelektrolyse oder zur
Synthese- und Brenngas- sowie zur Kraftstoffherstellung
(Methanol) aus Kohle eignet und genutzt werden sollte.
– Langfristig sollte eine kohlenstofffreie
Wasserstoff/-Synthesebrennstoffwirtschaft angestrebt werden.
Wegen der weitgehend fehlenden Infrastruktur und technologischer
Herausforderungen werden hier allerdings noch einige Dekaden für
einen solchen Übergang notwendig sein.
Zur Erreichung dieser Ziele im Zeitraum 2020+ hat der
Wissenschaftliche Beirat des VGB Forschungsthemen formuliert, deren
Umsetzung die Basis für die Ausschöpfung der Entwicklungspotenziale
für Effizienzsteigerung, Ressourcenschonung und Umweltschutz
darstellt, und daher in besonderem Maße gefördert werden müssen.
Download der Studie: Die Stellungnahme „Kraftwerke 2020+ –
Kraftwerksoptionen für die Zukunft“ steht in deutscher und englischer
Sprache unter www.vgb.org im WWW zur Verfügung.
Der Wissenschaftliche Beirat von VGB PowerTech e.V. ist ein
eigenständiges Gremium, das in Fragen von Forschung, Entwicklung und
Lehre auf den Gebieten der Kraftwerkstechnik den Verband unterstützt.
Die rund 30 Experten aus 8 europäischen Ländern repräsentieren alle
Fakultäten der Energieerzeugung und decken von der
Grundlagenforschung bis hin zur Anwendung alle Themen der
Stromversorgung ab.
Pressekontakt:
Wissenschaftlicher Beirat des VGB PowerTech e.V.
Dr. Johannes Lambertz und Prof. Dr. Eberhard Roos (Vorsitzende)
Dr.-Ing. Ludger Mohrbach (Kontakt)
Tel.: +49 201 8128-221
E-Mail: pr@vgb.org