– Kommission der Robert Bosch Stiftung veröffentlicht Dossier zum
Thema Bildung für Flüchtlinge
– Experten warnen vor Zugangshürden bei Berufsschulen und raten zu
besserem Zugang zur frühkindlichen Bildung
– Kommissionsvorsitzender Armin Laschet: „Ein möglichst früher
Zugang von jungen Flüchtlingen zu unseren Schulen schafft die
Grundlage für eine erfolgreiche Aufstiegsgeschichte von
möglichst vielen.“
Mehr Personal, mehr Platz, aber auch spezifischere Angebote für
Flüchtlingskinder und eine entsprechende Qualifizierung der Lehrer
werden dringend benötigt. Jetzt müssen die Weichen richtig gestellt
werden, damit neu angekommene Kinder und Jugendliche erfolgreich in
das deutsche Bildungssystem aufgenommen werden können. In ihrem heute
erschienenen Dossier empfiehlt die Expertenkommission der Robert
Bosch Stiftung daher in allen Bundesländern eine Schulpflicht für
Flüchtlingskinder einzuführen. Sie soll spätestens drei Monate nach
Antragsstellung beginnen. Aktuell gilt in Sachsen und Sachsen-Anhalt
lediglich ein Schulbesuchsrecht, in anderen Bundesländern existieren
unterschiedliche Warteregelungen, bis die Schulpflicht einsetzt.
Darüber hinaus sollen Vorbereitungsklassen flächendeckend
eingerichtet und einheitlicher strukturiert werden. Vielversprechende
Ansätze gebe es beispielsweise in Schleswig Holstein, wo die
Vorbereitungsklasse eine vorbildliche Brückenfunktion zum Übergang in
die Regelklasse übernehme.
„Integration kann auf Dauer nur gelingen, wenn wir den Menschen,
die bei uns Schutz suchen, persönliche und berufliche Chancen
ermöglichen“, sagt Armin Laschet, Vorsitzender der Robert Bosch
Expertenkommission zur Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik. „Ein
möglichst früher Zugang von jungen Flüchtlingen zu unseren Schulen
schafft die Grundlage für eine erfolgreiche Aufstiegsgeschichte von
möglichst vielen.“
Die Kommission geht in ihrem Dossier von Prognosen aus, nach denen
unter den Flüchtlingen in diesem Jahr rund 155.000 Kinder im
schulpflichtigen Alter und rund 94.000 im Krippen- und
Kindergartenalter sind. Das entspricht einem Zuwachs von 1,4 Prozent
bei den Schulen und von 3,5 Prozent bei den Kitas. Neben der
bundesweiten Schulpflicht empfiehlt die Kommission deshalb, Eltern
bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen systematisch über die
Möglichkeiten frühkindlicher Bildung zu informieren. Außerdem soll
die Sprachstandsfeststellung vor dem Wechsel in die Grundschule
künftig nach gemeinsamen Standards in allen Bundesländern eingeführt
werden.
Die Kommission warnt zudem vor strukturellen Hürden an
Berufsschulen. Aktuell finden jugendliche Flüchtlinge, die nicht mehr
schulpflichtig sind, nur selten Zugang. Der Ausbildungsmarkt und die
anschließende berufliche Perspektive bleiben ihnen dadurch versperrt.
Die Experten raten daher dazu, die jungen Erwachsenen bis zu einem
Alter von 21 Jahren aufzunehmen, in Ausnahmefällen bis zu 25 Jahren,
und sie nach bayerischem Vorbild in das duale System zu integrieren.
Auch Hochschulen und Länder sollen die bestehenden rechtlichen
Spielräume nutzen, um Asylbewerber mit Bleibeperspektive und
Geduldeten ein Studium sowie die dafür notwendigen Deutschkenntnisse
zu ermöglichen.
Das Themendossier „Zugang zu Bildungseinrichtungen für
Flüchtlinge“ ist die zweite Publikation einer Reihe von
Veröffentlichungen der Robert Bosch Expertenkommission zur
Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik. Im Frühjahr 2016 wird die
Kommission einen Abschlussbericht vorlegen.
„Wenn wir jetzt die Weichen richtig stellen und den jungen
Menschen faire Bildungschancen ermöglichen, wird am Ende unsere ganze
Gesellschaft profitieren“, sagt Uta-Micaela Dürig, Geschäftsführerin
der Robert Bosch Stiftung. „Deshalb bringen wir Experten und
Entscheider aus unterschiedlichen Ressorts zusammen, damit sie über
sinnvolle Maßnahmen diskutieren, die langfristig Wirkung zeigen.“
Mit der im März 2015 einberufenen Robert Bosch Expertenkommission
zur Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik unter Vorsitz von Armin
Laschet hat die Stiftung zehn hochrangige Vertreter aus Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft zusammengebracht, um konkrete
Handlungsoptionen und Reformvorschläge für die deutsche
Flüchtlingspolitik zu entwickeln. Über Anhörungen, Gespräche und
Gutachten bindet die Kommission bedarfsorientiert wissenschaftliche,
politische und ethische Expertise von Akteuren und Experten in ihre
Arbeit ein und versteht sich dabei als parteipolitisch unabhängiger
Berater.
Mitglieder der Kommission sind
– Armin Laschet (Vorsitz), Stellvertretender
Bundesvorsitzender der CDU und ehemaliger
Integrationsminister des Landes Nordrhein-Westfalen
– Heinrich Alt, Bundesagentur für Arbeit
– Günter Burkhardt, Geschäftsführer Pro Asyl
– Peter Clever, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
– Dr. Michael Griesbeck, Vizepräsident des Bundesamtes für
Migration und Flüchtlinge, Nürnberg
– Prof. Dr. Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für
Demoskopie Allensbach
– Dr. Ulrich Maly, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg und
Vize-Präsident des Deutschen Städtetags
– Bilkay Öney, Ministerin für Integration des Landes
Baden-Württemberg, Stuttgart
– Roland Preuß, Süddeutsche Zeitung
– Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des
Deutschen Handwerks
– Prof. Dr. Christine Langenfeld, Vorsitzende des
Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration
und Migration (Gast)
Das Themendossier finden Sie unter
www.bosch-stiftung.de/fluchtundasyl
Die Robert Bosch Stiftung gehört zu den großen
unternehmensverbundenen Stiftungen in Europa. Sie investiert jährlich
rund siebzig Millionen Euro in die Förderung von ca. 800 eigenen und
fremden Projekten aus den Gebieten der Völkerverständigung, Bildung,
Gesellschaft und Kultur sowie Gesundheit und Wissenschaft. Insgesamt
hat die Stiftung seit ihrer Gründung 1964 mehr als 1,2 Milliarden
Euro für ihre gemeinnützige Arbeit eingesetzt.
Die Robert Bosch Stiftung setzt die gemeinnützigen Ziele des
Firmengründers und Stifters Robert Bosch (1861-1942) fort. Sie hält
rund 92 Prozent der Geschäftsanteile an der Robert Bosch GmbH und
finanziert sich aus den Dividenden, die sie aus dieser Beteiligung
erhält. Die Stiftung hat ihren Sitz im ehemaligen Stuttgarter
Wohnhaus von Robert Bosch. Dort und in ihrer Berliner Repräsentanz
beschäftigt sie rund 140 Mitarbeiter.
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