Das neue Jesus-Buch von Papst Benedikt XVI. ist ein
Bestseller. Seine katholische Kirche hingegen anscheinend nicht mehr.
In Scharen verlassen die Gläubigen die Kirche. Allein im Erzbistum
Köln waren es 2010 mehr als 15 000. Für viele war sicher der
Missbrauchsskandal und das lange Schweigen vieler Würdenträger der
Grund für den Austritt. Wieder andere Gläubige wollen sich nicht
mehr vorschreiben lassen, wie sie zu leben oder zu lieben haben. Die
Krise der Institutionen hat wie die Volksparteien auch die Kirchen
erfasst. Mit der Zahl der „Wutbürger“ wächst auch die der
„Wutgläubigen“, die sich ihr eigenes Bild von Gott und der Welt
machen wollen – ohne Denkschablonen. Eine Entwicklung, die das Gros
vor allem der katholischen Würdenträger offensichtlich völlig
unterschätzt oder ignoriert. Sie setzen darauf, dass ihre Kirche
auch diesen Sturm überleben wird – so wie alle Unwetter in ihrer
mehr als 2000 jährigen Geschichte. Der Glaube versetzt Berge, heißt
es in der Bibel. Dies gilt im Falle der Kirche aber nur, wenn sie
ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnt. Dazu muss sie sich zwar nicht
völlig neu erfinden oder jedem Zeitgeist hinterherhecheln, aber sie
muss sich reformieren.
Pressekontakt:
Express
Jürgen Dreves
Juergen.Dreves@mds.de