F.A.Z. – „Die Tötung Bin Ladins erweist der Gerechtigkeit einen Bärendienst“

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Völkerstrafrechtler Kai Ambos in der F.A.Z: Gegen Terroristen führt man keinen
„Krieg“, sondern man bekämpft sie mit den Mitteln des rechtsstaatlichen
Strafrechts

Der Völkerstrafrechtler Kai Ambos hat die gezielte Tötung Bin Ladins als
rechtswidrig bezeichnet. „Die fundamentalen Menschenrechte gelten auch im
Ausnahmezustand. Das Recht auf Leben wird in Friedenszeiten nur ausnahmsweise
außer Kraft gesetzt, insbesondere in Fällen der Notwehr. Wenn es stimmt, dass
Bin Ladin unbewaffnet war und gezielt getötet wurde, kann Notwehr, also ein
gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf die zugreifenden Spezialkräfte,
ausgeschlossen werden.“ Die Tötung diene damit „-anders, als der amerikanische
Präsident meint – nicht der Gerechtigkeit, sondern erweist ihr einen
Bärendienst“, schreibt Ambos in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine
Zeitung (Donnerstagausgabe). Ein Rechtsstaat behandele auch seine Feinde mit
Menschlichkeit. Er verhafte Terroristen und bringe sie vor Gericht. „Genauso wie
es Deutschland mit der Rote Armee Fraktion getan hat und heute mit Angehörigen
von Al Qaida tut.“ Eine Tötung ohne Gerichtsverfahren sei eine extralegale
Hinrichtung, für die Unrechtsstaaten vor Menschenrechtsgremien angeklagt werden.

Auch durch das Kriegsrecht sei die gezielte Tötung Bin Ladins nicht
gerechtfertigt. „Entgegen manchen Äußerungen in diesen Tagen autorisieren die
Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zur Bekämpfung des internationalen
Terrorismus, insbesondere Al Qaidas, weder Operationen auf fremdem Hoheitsgebiet
noch die Festnahme oder gar Tötung von Terroristen“, schreibt Ambos in der
F.A.Z.

Eine gezielte Tötung sei schon deshalb unzulässig, „weil sich die Vereinigten
Staaten – entgegen der irreführenden Rhetorik vom „Krieg gegen den Terrorismus“
– nicht in einem bewaffneten Konflikt mit Al Qaida befinden.“ Ein lose und
dezentral organisiertes terroristisches Netzwerk erfülle nicht die
Voraussetzungen einer Konfliktpartei im Sinne des humanitären Völkerrechts. Es
fehle ihm vor allem an einer zentralisierten und hierarchischen militärischen
Kommandostruktur und der Kontrolle eines bestimmten Gebiets. „Ruft man
gleichwohl den weltweiten bewaffneten Konflikt gegen Al Qaida aus, so wird die
gesamte Welt zum Schlachtfeld und das klassische Verständnis des bewaffneten
Konflikts als einer auf ein bestimmtes staatliches Hoheitsgebiet beschränkten
militärischen Auseinandersetzung ins Uferlose ausgedehnt.“ In letzter Konsequenz
überziehe ein solcher weltweiter Kampf alle Staaten mit Krieg, in denen sich
„Terroristen“ aufhalten, obwohl der kriegführende Staat sich mit diesen Staaten
gar nicht im Krieg befinde. Und selbst wenn man einen bewaffneten Konflikt
zwischen den Vereinigten Staaten und Al Qaida annehmen wollte, könnten auch dann
nur solche Personen zum Ziel militärischer Angriffe werden, die sich unmittelbar
an den Feindseligkeiten beteiligten. Auch das sei bei Bin Ladin keineswegs
sicher, weil er nach Ansicht vieler nur noch spiritueller Führer von Al Qaida
ohne Einfluss auf konkrete militärische Operationen war.

„Jenseits dieser komplexen und durchaus strittigen Rechtsfragen stellt sich die
noch viel grundlegendere Frage, ob die westliche Welt ihren terroristischen
Feinden jegliches Lebens- und Menschenrecht versagen und sie zum militärischen
Freiwild erklären will“, so Ambos in der F.A.Z.. Die Frage stellen heiße, sie zu
verneinen. „Die moralische und politische Überlegenheit einer freien und
demokratischen Gesellschaft besteht gerade darin, dass sie auch ihre Feinde als
Personen mit Mindestrechten behandelt und sich nicht mit ihnen gemein macht.
Deshalb führt man gegen Terroristen keinen „Krieg“, sondern man bekämpft sie mit
den Mitteln des rechtsstaatlichen Strafrechts. Nur dies erweist der
Gerechtigkeit tatsächlich einen Dienst und ist die Grundlage der Überwindung des
terroristischen Unrechts.“

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