F.A.Z. – Europäischer Gerichtshof fordert mehr Richter

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Präsident Skouris sieht angesichts von 1300 Verfahren eine „heikle Lage“
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg sieht sich überlastet und fordert mehr
Richter. Das hat Präsident Vassilios Skouris nach Informationen der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung (Dienstagsausgabe) in einem Schreiben an den Rat und das
Europäische Parlament deutlich gemacht. Darin weist er darauf hin, dass seit
Jahren die Erledigungen hinter den Eingängen zurückbleiben, also die Zahl der
anhängigen Rechtssachen wächst: Ende 2010 waren 1300 Verfahren anhängig; in
jenem Jahr erledigte das Gericht 527 Fälle. Seit 2004 hat sich die
durchschnittliche Verfahrensdauer von knapp 21 Monaten auf zeitweise mehr als
27 im Jahr 2009 erhöht. In Beihilfesachen dauerte ein Verfahren mehr als 42
Monate, in sonstigen Wettbewerbsfällen mussten die Betroffenen 56 Monate auf
eine Entscheidung aus Luxemburg warten.
Damit kommt das Gericht an die Grenze des rechtsstaatlich noch Hinnehmbaren –
wie die Luxemburger Richter selbst meinen. Der Europäische Gerichtshof, der die
Entscheidungen des Gerichts überprüft, hat schon 2009 befunden, dass ein
Wettbewerbsverfahren, das fünf Jahre und zehn Monate dauert (es ging um den
„Grünen Punkt“), sowohl gegen die Europäische Grundrechte-Charta als auch gegen
die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Das könnte die Luxemburger
Richter noch „in eine heikle Lage“ bringen, wie Präsident Skouris laut F.A.Z.
schreibt. Denn zurzeit wird über den Beitritt der EU zur
Menschenrechtskonvention verhandelt. Nach einem Beitritt entscheidet der
Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg dann über solche Verstöße
gegen die Konvention.
Skouris schlägt zwölf neue Richter für das Europäische Gericht vor, das frühere
Gericht Erster Instanz – damit würde dessen Richterzahl auf 39 steigen. Das sei
wirksamer als ein neues Fachgericht, auch wenn das nur sieben Richter zählte.
Aber nicht nur das Gericht, auch der Europäische Gerichtshof soll nach seinem
eigenen Willen verändert werden. Skouris, der in Deutschland habilitierte
Staatsrechtslehrer, wünscht sich angesichts seiner Aufgabenfülle einen
Vizepräsidenten an die Seite (wie ihn etwa auch das Bundesverfassungsgericht
kennt). Zudem sollen die Kammerpräsidenten nicht mehr automatisch der Großen
Kammer des Gerichtshofs angehören. So würden die übrigen Richter stärker
beteiligt und nicht der Eindruck erweckt werden, die Kammerpräsidenten verträten
in der Großen Kammer die Richter ihrer jeweiligen Kammer. Nur der Präsident und
der neue Vizepräsident würden demnach ständig der Großen Kammer angehören.
Rat und Parlament haben Skouris zu den Reformplänen schon angehört; Ende
September soll die Kommission nun ihre Stellungnahme abgeben. Der Gerichtshof
hat vorgerechnet, dass die seiner Ansicht nach notwendigen zwölf neuen Richter
zu einer zusätzlichen Nettobelastung von mehr als 13 Millionen Euro führen. Der
Rat gibt denn auch die finanziellen Auswirkungen des Vorschlags zu bedenken. Der
Gerichtshof habe „stichhaltige Gründe“ dafür genannt, die Zahl der Richter zu
erhöhen. Der Reformentwurf würde jedoch auch die „Richtung der langfristigen
Entwicklung der EU-Justiz beeinflussen“, schreibt die F.A.Z. Gestritten werden
dürfte vor allem über die Frage, welche Länder die zwölf neuen Richter stellen
dürfen. So könnten die großen Mitgliedstaaten die Hälfte der Stellen erhalten –
und die kleinen EU-Länder teilten sich (rotierend) die übrigen sechs. Doch sind
die kleinen Staaten eher gänzlich gegen fest bestimmte (großen) Staaten
zugewiesene Richter. Letztlich müssen darüber die Mitgliedstaaten entscheiden.

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Source: F.A.Z. via Thomson Reuters ONE

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