Frankfurter Neue Presse: Der fehlerlose Herr Westerwelle. FNP-Chefredakteur Rainer M. Gefellerüber den FDP-Parteitag

Viel war erwartet worden von dieser
Rede; sie sollte ein Weckruf, eine Ermutigung, ein Aufbruchssignal
für die siechende FDP sein. Aber sie klingt nicht gut. Zu hohl, zu
pathetisch, zu selbstverliebt. Und außerdem hat Westerwelle das Thema
verfehlt.

Vier Prozent. Das ist die Zahl, an der dieser Guido Westerwelle
gemessen wird. Der aktuelle Deutschlandtrend hat die FDP auf diesen
Wahlwert geschrumpft. Vier Prozent? Das ist dem FDP-Chef schnuppe,
sagt er. Umfrageergebnisse seien belanglos, wenn es doch ums große
Ganze gehe, um Deutschland. Und Deutschland geht–s gut, skizziert er
zutreffend. (…)

Westerwelle schweigt zur Unruhe in seiner FDP, zur Debatte über
seine Ablösung. Er redet viel, über eine Stunde, und schweigt zu dem,
was gesagt werden muss. Seiner Verantwortung als Parteichef wird er
in dieser Rede nicht gerecht.

Er ist der Vorsitzende. Er müsste sagen, wie die Partei in diese
missliche Lage geraten ist – und wie sie wieder rauskommt. Er müsste
sich zu Fehlern bekennen; das hat, übrigens, der Reputation noch nie
geschadet. Aber der Fehlerlose kennt keine Selbstkritik. Da redet
einer, der schon irgendwie entrückt wirkt. Da sprühen keine Funken,
und der dreiminütige Schlußapplaus ist eher höflich als begeistert.
Die Nachfolge-Kandidaten, Generalsekretär Christian Lindner vorneweg,
belauern ihn bereits. Denn mit seiner matten Ansprache hat
Westerwelle der Partei demonstriert: Es ist besser, wenn er seinen
Platz räumt. Irgendwann nach den Landtagswahlen im März.

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