Frankfurter Neue Presse: Lufthansa-Streiks: „Es wird ein langer Kampf“ Kommentar von Panagiotis Koutoumanos

Wie groß ist die Streikmacht der
Lufthansa-Flugbegleiter? Das ist die entscheidende Frage in diesem
Tarifkonflikt zwischen UFO und Europas größter Airline.
Erfahrungswerte, die die Beantwortung dieser Frage erleichtern
könnten, gibt es kaum. Bislang haben sich diese beiden Tarifparteien
lediglich einen Arbeitskampf geliefert und der währte nur kurz: Nach
zwei Warnstreiks kehrten UFO und Lufthansa an den Verhandlungstisch
zurück und einigten sich schließlich auf ein Lohnplus von 4,2 Prozent
– einen Tag, nachdem sich die Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder
für unbefristete Streiks ausgesprochen hatte. Damit gaben sich die
UFO-Flugbegleiter letztlich mit der gleichen Lohnsteigerung
zufrieden, die zuvor schon ihre bei Ver.di organisierten Kollegen
erstritten hatten.

So glimpflich werden die Lufthansa-Kunden dieses Mal wohl nicht
davon kommen. Schließlich geht es jetzt um weit mehr als nur um
Erhöhungen in den Entgelttariftabellen, für die UFO offiziell
streiken darf: Es geht um die Frage, ob sich die Lufthansa in ihrem
europäischen Direktverkehr abseits ihrer großen Drehscheiben
Frankfurt und München in eine de facto Billigfluggesellschaft
verwandelt – ein Wandel, der auch die Flugbegleiter ihrer lieb
gewonnenen Privilegien berauben würde. Seit Jahren fliegt Europas
Branchenprimus auf diesen Strecken Verluste ein. Gelang es der
Lufthansa früher, diese Verluste im Europaverkehr mit hohen Gewinnen
im Interkontinental-Verkehr soweit überzukompensieren, dass es immer
noch für große Luftsprünge reichte, ist dies inzwischen nicht mehr
möglich. Die Konkurrenz auf der Langstrecke wird immer härter, der
Sprit immer teurer, und politisch induzierte Belastungen – wie die
Luftverkehrsabgabe oder der EU-Emissionshandel – werden immer größer.

Deshalb steuert Lufthansa-Chef Christoph Franz jetzt entschlossen
um und scheut dabei weder, den Nimbus der Airline zu beschädigen noch
den Bruch mit den Gewerkschaften. Die Art und Weise, wie er sein
Berliner Billigmodell durchgesetzt hat, führt dies klar vor Augen. Er
ist nicht gewillt, auf diesem Wege halt zu machen, und er hat dabei
die volle Rückendeckung von Lufthansa-Übervater Jürgen Weber.

Werden ihn die Flugbegleiter stoppen können? Ihre Streikmacht
scheint nicht so groß zu sein wie die der Piloten oder der Techniker.
Der Gesetzgeber schreibt zwar je nach Flugzeugtyp und Passagierzahl
eine bestimmte Zahl von Flugbegleitern vor. Doch selbst wenn die
Lufthansa die lange Verhandlungszeit nicht genutzt haben sollte, um
geeigneten Ersatz zu finden – zwei bis drei Monate Ausbildungszeit
sind für die Lizensierung von Flugbegleitern nötig – erscheint es
zweifelhaft, dass UFO das Unternehmen in die Knie zwingen kann.
Trotzdem wird die Gewerkschaft alles versuchen, um die Oberhand zu
gewinnen. Nach 20-jähriger Existenz ohne einen unbefristeten Streik
müsste die Streikkasse jedenfalls gut gefüllt sein. Lufthansa-Kunden
müssen sich also auf zahlreiche Zitterpartien einstellen.

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Peter Schmitt
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