In der Euro-Zone läuten die Alarmglocken
derzeit besonders laut: Der Euro fällt auf ein Drei-Wochen-Tief; die
Aktien geben nach; die Zinsen für griechische Anleihen erreichen
ebenso neue Höchststände wie die Kosten für die entsprechenden
Kreditausfallversicherungen. Der Grund: Europa meint, auf die
Finanzkrise im hochverschuldeten Griechenland folge plötzliche auch
noch eine politische Krise. Wer das wirklich glaubt, verkennt die
griechische Realität. Denn die Wiege der Demokratie steckt schon seit
langem in einer politischen Krise. Sie wird für viele bloß jetzt
offensichtlich, weil Ministerpräsident Jiorgos Papandreou jetzt erst
versucht, diese politische Krise zu lösen, in dem er sich um die
Bildung eine schlagkräftigen Regierung bemüht, die willens und fähig
ist, zusammen mit der Troika den harten Weg zu gehen, der
Griechenland vor den finanziellen Kollaps bewahrt.
Diese griechische Regierung gibt es tatsächlich noch nicht. Wie
sich schon kurze Zeit nach der Bewilligung des ersten
Rettungsprogramms im Mai 2010 herausgestellt hat, gibt es unter den
Ministern und hohen Verwaltungsbeamten der Sozialistischen Partei
(Pasok) zu viele, die sich gegen die notwendigen radikalen
Veränderungen stemmen, weil sie Gefangene ihres früheren Populismus
und ihrer bisherigen Klientel-Politik sind: früherer Zusagen,
beispielsweise nicht die Steuern zu erhöhen, und ihrer nach wie vor
engen Verbindungen zu den Gewerkschaften, die ihnen Stimmen
verschafft haben und die für den Fall weiterer Entlassungswellen
durch die Verschlankung des Staatsapparates und durch
Privatisierungen ihre eigene Macht gefährdet sehen. Entsprechend
gelähmt zeigten sich bislang weite Teile der Regierung – hin und her
gerissen zwischen der Wahl, den von der Troika verordneten Sparkurs
durchzusetzen und damit politischen Selbstmord zu begehen oder das
ganze Land in den Abgrund stürzen zu lassen. Da kann es nicht
verwundern, dass Griechenland bislang die vorgegebenen Etappen-Ziele
seiner öffentlichen Gläubiger nicht erreicht hat.
Natürlich sind die Regierungsumbildung und die geplante
Vertrauensfrage sowohl für die Pasok als auch für Griechenland nur
eine Notlösung. Papandreou hätte eine Regierung der „Nationalen
Einheit“ vorgezogen, um sich die politischen Kosten harter
Einschnitte mit der konservativen Nea Demokratia teilen zu können.
Und selbstverständlich wäre es für eine parteiübergreifende Regierung
einfacher gewesen, das verängstigte griechische Volk für diese harten
Einschnitte zu gewinnen.
Aber die Konservativen, die für die Misere maßgeblich
verantwortlich sind, verweigern sich nach wie vor der Verantwortung
und der Realität. Ermutigt durch deutliche Stimmengewinne in den
Umfragen, in denen sie an den Sozialisten vorbeigezogen sind, setzen
sie auf Neuwahlen. Sie wollen ohne die Pasok an die Macht. Als ob sie
damit irgendetwas zu gewinnen hätten. Müssten sie sich doch mit dem
selben Schuldenberg, den selben Gläubigern und dem selben Volk
auseinandersetzen – und das ohne glaubwürdige Alternative: Denn ihr
erklärter Plan, die mit der EU, dem IWF und der EZB vereinbarten
Rettungsauflagen zugunsten Griechenlands nachzuverhandeln, hat keine
Chance.
So muss Papandreou zunächst zusehen, wie er und seine Pasok allein
Griechenland aus der Krise führen. Die Vertrauensfrage wird der
erfahrene Politiker sicherlich bestehen. Weiterhin schwierig wird es
für seine Regierung allerdings, die Bevölkerung hinter sich zu
vereinen. Notfalls wird er wohl auch eine Volksbefragung nicht
scheuen. Aber ob er mittelfristig Neuwahlen verhindern kann, ist
offen. Im Interesse Griechenlands wäre es Papandreou zu wünschen. Die
Stunde der Wahrheit scheint jedenfalls nicht mehr fern.
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