Besonders schmerzt der Verlust am Bosporus,
symbolisch die schwerste aller Niederlagen. Am Bosporus startete
Erdogan 1994 seinen politischen Aufstieg. Hier beginnt nun sein
Niedergang. Angedeutet hatte es sich bei den Präsidialwahlen im
letzten Jahr: Erdogan ist verwundbar und die Opposition lebt, trotz
Repression, umfassender „Säuberungen“ und Zehntausender Verhaftungen.
Sieben der zehn wichtigsten Großstädte hat das Oppositionsbündnis
gewonnen, obwohl es der fast totalen Medienkontrolle und heftigen
Manipulationsversuchen der Regierung wenig entgegensetzen konnte. Der
Machtverlust der AKP in der Westtürkei ist auch eine Zäsur, weil
deren Metropolen die Zukunft des Landes verkörpern. Sie produzieren
zwei Drittel der Wirtschaftsleistung, sie ziehen die Jugend und all
jene an, die Arbeit suchen. Die katastrophale Wirtschaftslage war der
Hauptgrund, Erdogan einen Denkzettel zu erteilen. Das hat er
unterschätzt.
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