Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi äußert sich in einem Interview
der „Frankfurter Rundschau“ (Montagausgabe) unter anderem zum Umgang
seiner Partei mit der DDR-Geschichte. Die folgende Zusammenfassung
ist mit Sperrfrist Montag, 3. November 2014, ein Uhr zur Verwendung
frei.
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Herzlichen Dank und Gruß
Ihre FR-Politikredaktion
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi hat seine Partei aufgefordert,
sich auch in Zukunft der DDR-Geschichte zu stellen. „Wir sind ja
freiwillig zur Adresse für Geschichte geworden, und dann muss man da
durch“, sagte Gysi der „Frankfurter Rundschau“ (Montagausgabe). Das
historische Erbe werde zwangsläufig immer dann zum Thema, wenn es –
wie jetzt in Thüringen mit Rot-Rot-Grün unter Führung der Linken – um
neue Koalitionen gehe. „Wenn es erstmalig um Rot-Rot-Grün im Bund
geht, wird das wieder so sein“, sagte Gysi. Der deutschen und
europäischen Linken sei historisch einerseits „das Beharren auf der
sozialen Frage“ zu verdanken. „Auf der anderen Seite sind mit der
Geschichte der Linken furchtbare Verbrechen verbunden“, betonte Gysi.
„Ein schwerer Fehler wäre es, zu sagen: Ach, Geschichte brauchen wir
jetzt nicht mehr zu erörtern.“
Der Fraktionsvorsitzende kritisierte in diesem Zusammenhang
Parteifreunde aus dem Westen wie den ehemaligen Vorsitzenden Klaus
Ernst: „Genossen aus dem Westen wie Klaus Ernst sehen das anders.
(…) Die Dinge erscheinen einfacher, als wenn man das Leben in der
DDR selbst geführt hat.“
Der Fraktionschef distanzierte sich erneut von der Bezeichnung
„Unrechtsstaat“. „Die DDR war eine Diktatur, sie war kein
Rechtsstaat, und es gab in ihr staatlich angeordnetes Unrecht, auch
grobes Unrecht“, sagte er. Aber unter Unrechtsstaat verstünden „die
meisten, dass sie in der DDR, selbst wenn sie als Ärztin oder Pfarrer
gearbeitet haben, letztlich nur dem Unrecht gedient haben sollen“.
Gysi verteidigte allerdings zugleich die Entscheidung seiner
Parteifreunde in Thüringen, das Wort „Unrechtsstaat“ in einem
gemeinsamen Papier mit SPD und Grünen zu verwenden: „Die andere Seite
hat darauf bestanden, und es war ein insgesamt ausgewogenes Papier.“
Als Erbe der DDR sieht Gysi neben einigen positiven Punkten – etwa
„Polikliniken, die wir jetzt Ärztehäuser nennen“ – eine
„kleinbürgerliche Struktur“ in den neuen Ländern: „Dadurch, dass die
DDR abgeschottet war, entwickelte sie zwangsläufig eine
kleinbürgerliche Struktur. Man reagiert dort auf andere Kulturen und
Religionen, auf jede Form von Fremdheit mit mehr Angst und Abwehr,
weil man es nicht kannte. Das ist deshalb in den neuen Bundesländern
bis heute verbreiteter als in den alten.“
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