FT: Flensburger Tageblatt

Schlaftabletten, Tranquilizer, Anti-Depressiva –
vor allem Frauen sind es, denen diese Medikamente verschrieben
werden. Und immer häufiger ist diese Praxis der Einstieg in eine
Medikamentensucht. Doch mit einseitigen Schuldzuweisungen ist es
nicht getan. Sicherlich: Verantwortungsvolle Ärzte sind gefragt. Sie
dürfen nicht leichtfertig Medikamente verschreiben, wo
Psychotherapien sinnvoller wären. Jenseits davon ist die steigende
Medikamentensucht bei Frauen und die hohe Verschreibungsbereitschaft
der Ärzte ein gesellschaftliches Problem. Stichwort:
Leistungskultur. Der Mensch hat zunehmend zu funktionieren. Gerade
Frauen zeigen oft den Hang zur Perfektion. Und das blendende
Aussehen, eine dauerhafte Fröhlichkeit sind dabei längst Pflicht –
ganz gleich in welcher Lebenslage. Wo Männer sich – und das doppelt
so oft wie Frauen – mit Alkohol betäuben, greifen Frauen dann
vermehrt zu den zweckdienlicheren Psychopharmaka. Ohne ein Umdenken
aller wird es also nicht gehen: Psychische Probleme müssen
enttabuisiert, Behandlungen konsequent auf Ursachen und nicht auf
Symptome ausgerichtet werden. Bleibt dieser Wandel aus, ist jede
Sensibilisierung von Ärzten, jede Reglementierung von Medikamenten
von vornherein zum Scheitern verurteilt.

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