FT: Kommentar von Anette Schnoor: Schluss mit dem Irrsinn – Einen Exklusivvertrag für Impfstoffe darf es nicht geben

Schluss mit dem Irrsinn – Einen Exklusivvertrag
für Impfstoffe darf es nicht geben

von Anette Schnoor

Es ist ein Trauerspiel, das Krankenkassen und auch die
Kassenärztliche Vereinigung (KV)aufführen: Erst schließt die AOK
Nordwest federführend für Schleswig-Holsteins Krankenkassen einen
Exklusivvertrag über die Lieferung von Grippe-Impfstoffen ab – allein
um Geld zu sparen. Denn das Wohl der Patienten hat wohl niemand im
Blick, der einen Grippe-Impfstoff wie ein ohne weiteres
austauschbares Präparat juristisch abhandelt.

Dann liefert der Hersteller Novartis das Serum gar nicht erst
aus. Und die KV verlangt nicht etwa sofort, dass der verfehlte
Exklusivvertrag aufgehoben wird, dass Ärzte Impfstoffe individuell
für ihre Patienten bestellen können. Sie nimmt statt dessen erst
einmal ihre eigenen Mitglieder in die Pflicht. Sie sollen für
notwendige Impfungen auf andere Stoffe ausweichen, werden im selben
Atemzug aber vor dem „mit dieser Verfahrensweise zusammenhängenden
Regressrisiko“ gewarnt. Erst im Oktober fordert die KV die Kassen
auf, andere Impfstoffe zur individuellen Bestellung durch die Ärzte
freizugeben. Immerhin! Doch Lieferengpass und Verunsicherungen sorgen
nun dafür, dass viele Patienten nicht geimpft sind, insbesondere
chronisch Kranke und Alte nicht, denen die Kassen selbst die
Grippe-Impfung empfehlen.

Und jetzt ist der inzwischen zögerlich ausgelieferte
Vertragsimpfstoff Begripal möglicherweise gesundheitsgefährdend, das
alternativ angebotene Mittel Optaflu – ebenfalls ein Novartisprodukt
– kann vielleicht Krebs verursachen. Was für ein Fiasko! Die Zeit, in
der eine Grippe-Impfung überhaupt noch Sinn macht, ist beinahe vorbei
und eine Lösung des Problems nicht einmal in Sicht.

Damit dieses Trauerspiel noch einen Sinn bekommt, kann es
jedenfalls als Lehrstück dienen: Es ist Zeit, den bürokratischen
Irrsinn im Gesundheitswesen zu stoppen. Gesundheitsvorsorge ist eine
individuelle medizinische Leistung. Sie sollte Ärzten überlassen
bleiben, die dafür ausgebildet sind. Statt seltsamer Verträge braucht
das Gesundheitswesen eine echte Reform, ein neu strukturiertes
System.

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Flensburger Tageblatt
Anette Schnoor
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