Gemolken und ausgebeutet – Bald keine kostenlose
Reifenluft mehr – Tankstellen führen Münzgeräte ein
von Bernd Ahlert
Erinnert sich noch jemand? Es gab Zeiten, da war der Kunde auch an
der Tankstelle noch König. Da fuhr man an der Zapfsäule vor, es
wartete ein mehr oder minder freundlicher Angestellter und fragte,
wie viel Benzin oder Diesel es denn sein dürfe. Dann betankte er das
Auto, säuberte bei Bedarf die Scheiben und erkundigte sich danach,
ob er den Ölstand noch schnell überprüfen solle. Die Zeiten sind
längst vorbei – obwohl an wenigen ausgewählten Tankstellen dieser
Service mittlerweile wieder eingeführt worden ist. Moderne
Sprit-Tempel funktionieren anders. Sie dienen einzig und allein der
Gewinnmaximierung. Das fängt bei den Spritpreisen an, die von wenigen
Mineralölgesellschaften hart am Rande der Legalität diktiert werden.
Die entstehenden Oligopol-Preise sind hoch. Und in verbrauchsstarken
Zeiten – etwa vor Schulferien – werden sie unverschämt hoch.
Zugleich ähneln die Tankstellen des 21. Jahrhunderts Supermärkten mit
angeschlossenem Restaurant- und Bäckereibetrieb – wobei dort ähnliche
Wucherpreise verlangt werden wie beim Kernprodukt Sprit. So gesehen
ist es nur logisch, wenn Tankstellen jetzt anfangen, für Reifenluft
Geld zu verlangen. Einstiegspreis: ein Euro für die Luftbetankung.
Und warum? Weil die Luftdruckgeräte den Tankstellenbesitzer Geld
kosten, weil sie gewartet und manchmal auch gestohlen werden.
Eigentlich ist die Idee genial – und mit etwas Fantasie ergeben sich
noch ganz andere Möglichkeiten, Autofahrer zu schröpfen: Es könnte
eine Parkgebühr für die Zeit des Tankens erhoben werden, Wasser für
die Scheibenreinigung könnte literweise in Pfandflaschen zum Preis
von 2,50 Euro pro Stück verkauft werden oder es wird beim Befahren
der Tankstelle eine Einfahrtsgebühr erhoben. Die Autofahrer werden
sich kaum wehren können. Oder doch? Ein Einkaufsboykott für
Zigaretten, Getränke und Lebensmittel aller Art an Tankstellen wäre
möglicherweise ein wirksames Gegenmittel. Damit nämlich verdienen die
Spritverkäufer eigentlich ihr Geld. Versiegt diese Einnahmequelle,
werden Tankstellenbesitzer mit Geld-für-Luft-Geräten schnell
erkennen, dass jährlich ein paar hundert Euro für kostenlose
Luftdruckgeräte gut investiertes Geld ist – weil es dem Autofahrer
ein Restgefühl davon gibt, dass er von geldgierigen
Tankunternehmern nicht nur gemolken und ausgebeutet wird.
Pressekontakt:
Flensburger Tageblatt
Stephan Richter
Telefon: 0461 808-0
redaktion@shz.de