FT: Kommentar zu Afghanistan

US-Präsident Barack Obama hat seinen Landsleuten
versprochen, in den nächsten zwölf Monaten 33000 Soldaten von der
Afghanistan-Front nach Hause zu holen. Der Mann im Weißen Haus
erteilt den Abzugsbefehl gegen den Willen seiner Militärs. Die
Entscheidung ist zuallererst innenpolitisch begründet – im nächsten
Jahr stellt sich Obama zur Wiederwahl. Und die Amerikaner sind
kriegsmüde. Doch nicht nur bei seinem Wahlvolk, sondern auch bei den
Verbündeten werden die Fanfarenklänge des Rückzugs als wohlklingend
wahrgenommen. Die Europäer sind des Krieges in Afghanistan nicht
weniger überdrüssig als die Amerikaner. Auch die Bundesregierung
findet lobende Worte für die sich abzeichnende Abzugsperspektive.
Also, Tornister packen und nichts wie raus aus Afghanistan? Wenn das
so einfach wäre. Nein, sogar der sich gerne als Pazifist gerierende
Außenminister Guido Westerwelle hat für den Bundeswehr-Rückzug den
entscheidenden Zusatz bekräftigt: „Falls es die Lage erlaubt.“ Und
diese Lage im Norden Afghanistans lässt derzeit sicherlich keinen
umfangreichen Bundeswehr-Abzug zu. Allenfalls ließen sich einige
wenige hundert Männer und Frauen einsparen – als Symbol des guten
Willens. Ein überstürzter Abzug der internationalen
Staatengemeinschaft wäre das Eingeständnis des Scheiterns – und ein
Triumph für die Taliban.

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