Unter dem Motto „Für eine Streubomben-freie Welt“
treffen sich vom 9. -12. November Regierungsvertreter aus 112 Ländern
in Vientiane (Laos) anlässlich der ersten Vertragsstaatenkonferenz
der Konvention zu Streumunition (OSLO-Konvention). Die Konferenz wird
die Grundlagen der Umsetzung der Konvention in Form des „Vientiane
Action Plans“ erarbeiten und beschließen. Die Vereinten Nationen und
das Internationale Komitee vom Roten Kreuz werden ebenso wie die
„Cluster Munition Coalition“ und auch Opferorganisationen an dem
Treffen teilnehmen. Bis heute haben 43 Staaten die Konvention
ratifiziert. China, Indien, Israel, Russland und die USA gehören
ebenso wie 7 EU-Staaten bzw. 8 NATO-Staaten (z.B. Polen und
Griechenland) aber nicht dazu.
Die völkerrechtlich verbindliche Konvention sieht ein
vollständiges Verbot von Streumunition vor und beinhaltet deren
Zerstörung (innerhalb von 8 Jahren). Umfassende humanitäre
Verpflichtungen in Bezug auf Opferhilfe und die Räumung von
Blindgängern (innerhalb von 10 Jahren) sind ebenfalls vorgeschrieben.
Bis Ende 2009 hat Streumunition nachweislich 16.816 Opfer gefordert,
wobei die Dunkelziffer auf 85.000 geschätzt wird. Die
Bundesregierung gibt diesbezüglich zu bedenken, dass die Zahl der
Opfer von Landminen, explosiven Kampfmittelrückständen und
Streumunition wegen des schlechten Berichtswesens in vielen
Entwicklungsländern nicht mit letzter Genauigkeit zu beziffern ist.
In 2009 wurden 100 Unfälle registriert, was einen rückläufigen Trend
andeutet und auf effektive Hilfsprogramme hinweist. In 2010 hat die
Bundesregierung 17,3 Mio. Euro für Kampfmittelräumung und Opferhilfe
bereitgestellt. Hinzu kommen weitere Fördermittel aus BMZ- bzw.
EU-Programmen.
Während der zurückliegenden 60 Jahre wurde Streumunition in 39
Ländern bzw. Regionen eingesetzt. 23 Staaten sind gegenwärtig immer
noch von Streumunitionsblindgängern betroffen, besonders Laos und
Libanon. Nach Unterzeichnung der Konvention im Dezember 2008 hat es
nur noch einen – allerdings unbestätigten – Einsatz dieser geächteten
Waffen im Jemen durch die USA gegeben.
Die Anzahl der noch in 74 Ländern gelagerten Streumunitionen wird
auf über eine Milliarde geschätzt. Die Bundeswehr verfügte über ca.
50 Millionen Streumunitionen, die nun innerhalb der nächsten 5 Jahre
– und damit vorfristig – zerstört werden. 15 ehemalige
Produzentenländer (darunter auch Deutschland) sind mittlerweile der
Konvention beigetreten. 17 Staaten produzieren immer noch die
geächteten Waffen oder behalten sich das Recht vor dieses zu tun.
Hierzu gehören neben den USA auch Russland, China, Brasilien, Israel
oder Süd-Korea. In Europa wird Streumunition nach wie vor in Polen,
Griechenland, Rumänien oder der Slowakei hergestellt bzw. von dort
ansässigen Unternehmen angeboten.
Klärungsbedarf im Rahmen der Konferenz in Laos sieht das
Aktionsbündnis Landmine.de u.a. in Bezug auf den nicht eindeutig
formulierten Paragrafen 1c der Konvention. „Artikel 1c untersagt
jegliche Förderung der Herstellung“, betont Thomas Küchenmeister vom
Aktionsbündnis. „Dies bedeutet aus unser Sicht, dass auch
Investitionen in die Herstellung bzw. die Hersteller von
Streumunition verboten sind“, sagt Küchenmeister mit Verweis auf ein
Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen
Bundestages. Belgien, Irland, Luxemburg und Neuseeland haben bereits
per Gesetz das Investment in die Produktion von Streumunition
untersagt. Dänemark, Holland, Norwegen und die Schweiz bereiten
derzeit parlamentarische Initiativen für ein solches Investmentverbot
vor.
„Nachdem wir die Verbotsverträge erreicht haben, ist es jetzt
unsere Aufgabe, auf die Umsetzung aller humanitären
Vertragsverpflichtungen zu drängen“, gibt der Geschäftsführer von
Handicap International, François De Keersmaeker zu bedenken. „Wir
benötigen für besonders betroffene Länder wie Laos oder Vietnam
einfach mehr Mittel für Opferhilfe und Räumung,“ betont Marion Gnanko
von SODI.
Vor dem Hintergrund derzeitiger diplomatischer Aktivitäten im
Rahmen der VN-Waffenkonvention, warnt das Aktionsbündnis vor jedem
weiteren Bestreben Streumunition durch die Hintertür wieder zu
legalisieren. „Alle Vertragsstaaten der Oslo-Konvention müssen sich
klar gegen Etablierungsversuche eines zweiten völkerrechtlichen
Standards unterhalb der Oslo-Konvention positionieren“, fordert
Thomas Küchenmeister vom Aktionsbündnis Landmine.de und ruft die
OSLO-Vertragsstaaten zu Geschlossenheit auf.
Aktionsbündnis Landmine.de ist Mitglied der Internationalen
Kampagne zum Verbot von Streumunition CMC (Cluster Munition
Coalition) und der Internationalen Kampagne zum Verbot von
Antipersonenminen (ICBL). Die ICBL wurde 1997 für ihre Verdienste
beim Zustandekommen des Abkommens über das Verbot von
Antipersonenminen (Ottawa-Konvention) mit dem Friedensnobelpreis
geehrt. Im Mai 2009 erhielt Landmine.de als Mitglied der
internationalen Kampagne zum Verbot von Streumunition (CMC) den
renommierten „Internationalen Tipperary Friedenspreis“, den zuvor
auch Nelson Mandela oder Michail Gorbatschow erhielten. In 2009 wurde
dem Aktionsbündnis der Wilhelm-Dröscher-Preis und im September 2010
der Henry-Mathews-Preis verliehen.
Weitere Informationen und Konferenzdokumente sind der Website
www.landmine.de zu entnehmen. Anlässlich der Konferenz und mit
Förderung des Auswärtigen Amtes hat das Aktionsbündnis zusammen mit
seiner Trägerorganisation SODI eine DVD (Bye Bye Bombies) produziert,
die über die deutsche Beteiligung am Verbotsprozess und über
Hilfsprojekte in Laos und Vietnam informiert. Das Auswärtige Amt
unterstützt darüber hinaus auch die Teilnahme deutscher
Nichtregierungsorganisationen an der Konferenz.
Pressekontakt:
Thomas Küchenmeister, Leiter Aktionsbündnis Landmine.de 0175/4964082
Dr. Eva Maria Fischer, Handicap International 0175/54 29 899
In Laos vor Ort:
François De Keersmaeker, Geschäftsführer Handicap International
Deutschland +856-20-96131563
Marion Gnanko SODI e.V. Tel.: +856-21-244284