FZ: Genugtuung und Entsetzen Kommentar der Fuldaer Zeitung zum Fall Mirco / Von Bernd Loskant

Bei aller Wut über ein abscheuliches Verbrechen, bei
aller Trauer um einen Jungen, der sein ganzes Leben noch vor sich
hatte, gibt es auch ein beruhigendes Gefühl der Genugtuung, das die
Aufklärung des Falles Mirco auslöst: Wer in Deutschland ein Kind
missbraucht und ermordet, hat so gut wie keine Chance mehr, seiner
Strafe zu entkommen. Polizei und Justiz lassen nicht locker, bis der
Täter gefasst ist – koste es was es wolle.

Vor allem der modernen Kriminaltechnik, die in den vergangenen 25
Jahren geradezu einen Quantensprung gemacht hat, ist es zu verdanken,
dass sich die Aufklärungsquote bei den schlimmsten aller Verbrechen
der 100-Prozent-Marke nähert. Bei jedem Mord hinterlassen die Täter
Faser- oder Gen-Spuren, die ihnen irgendwann zugeordnet werden
können. Die Aussage des Chefermittlers, man sei dem mutmaßlichen
Täter durch dessen Auto, aber auch dank ganz neuer, der
Öffentlichkeit bislang noch unbekannter technischer Möglichkeiten auf
die Schliche gekommen, stimmt optimistisch.

Verstört hört man dagegen die ersten Erkenntnisse über den Täter,
der ganz und gar nicht dem Klischee des Sex-Monsters entspricht:
treusorgender Familienvater und netter Nachbar – aktenkundig geworden
bislang nur durch eine Geschwindigkeitsüberschreitung. Nicht einmal
seine eigene Familie hätte wohl erkennen können, dass hinter der
bürgerlichen Maske ein Mörder schlummert. Was hat einen 45-jährigen,
mitten im Leben stehenden Mann dazu gebracht, ein Kind zu töten? Die
ganze Absurdität der Tat offenbart sich in seinen ersten Einlassungen
zum Motiv. Um Stress am Arbeitsplatz abzubauen, habe er Mirco
entführt, missbraucht und ermordet. Wenn in unserer Gesellschaft die
Schwelle zur Gewalt wirklich schon so niedrig liegt, dann gute Nacht.

Das Psychogramm des Täters führt in der Analyse zu Ohnmacht: Das
Verbrechen wäre wahrscheinlich nicht zu verhindern gewesen. Und so
ist auch fraglich, ob die Festnahme von Mircos Mörder eine
abschreckende Wirkung haben wird. Immerhin ist es ein Fakt, dass die
Zahl der Verbrechen an Kindern in den vergangenen Jahren gesunken
ist. Mehr Sicherheit als heute gibt es nicht – ein Trost ist das
freilich nicht.

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