Wieder so ein Rückzug, der völlig unerwartet kommt,
viele Fragen unbeantwortet lässt – und von einem sonderbaren
Amtsverständnis zeugt: Karlheinz Weimar hatte sich noch im
vergangenen Jahr für eine volle Legislaturperiode als Finanzminister
vereidigen lassen – und wirft nach nicht einmal der Hälfte der
Wegstrecke das Handtuch. Wie sein enger Weggefährte Roland Koch, wie
der zurückgetretene Bundespräsident Horst Köhler. Warum? Weimar weiß,
dass ein Rücktritt mit der lapidaren Begründung „Man muss wissen,
wann“s gut ist“ Anlass zu Spekulationen gibt. Amtsmüdigkeit allein
darf auch für den dienstältesten Finanzminister der Republik kein
Grund sein, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Umso
unverständlicher ist es, dass der 60-Jährige, der die Früchte seines
gerade vorgelegten Sparhaushalts noch hätte ernten können, die Wähler
im Dunkeln lässt. Dass die Chemie zwischen ihm und dem designierten
Koch-Nachfolger Volker Bouffier nicht stimmt, ist unwahrscheinlich.
Beide verbindet eine langjährige Freundschaft, die schon zu
Junge-Union-Zeiten begann. Vielleicht doch gesundheitliche Gründe? Im
Frühjahr 2008 wurde ihm ein Tumor an der Prostata entfernt, danach
wirkte er angeschlagen. Auf seiner Haben-Seite in Hessen steht auf
jeden Fall eine solide, unspektakuläre Haushaltspolitik. Unauffällig
wie ein biederer Buchhalter hat er mehr als zehn Jahre die hessischen
Finanzen verwaltet. Dass er das Land dabei immer tiefer in den
Schuldensumpf sinken ließ, ist nicht ihm allein anzulasten.
Überhöhtes Anspruchsdenken und eine verantwortungslose Ignoranz
gegenüber den nächsten Generationen, die die Schulden bezahlen
müssen, hat über Jahrzehnte hinweg die Finanzpolitik der ganzen
Republik bestimmt. Bouffier hat jetzt die Chance, nach dem Rückzug
von Koch, Lautenschläger und Weimar einen klaren Schnitt zu machen.
Allerdings darf bezweifelt werden, dass der selbst in die Jahre
gekommene (Noch-)Innenminister den Generationswechsel einleiten wird.
Vielleicht schlägt dadurch jetzt wenigstens die Stunde eines
Finanzexperten aus Osthessen: Der Fuldaer Landtagsabgeordnete und
ehemalige Finanzstaatssekretär Walter Arnold hat Weimar schon einmal
als Minister vertreten, als dieser wegen seiner Krebs-Behandlung
wochenlang ausfiel. Arnold, der genauso alt ist wie Weimar, stünde
zumindest für Kontinuität – was in Krisenzeiten ja nicht das
Schlechteste ist. Zu beneiden wäre er ob des Schuldenbergs von fast
40 Milliarden Euro aber nicht.
Pressekontakt:
Fuldaer Zeitung
Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de