FZ: Nichts ist gut in Amerika Kommentar der Fuldaer Zeitung zum Attentat auf die demokratische Abgeordnete Gabrielle Giffords in den USA / Von Bernd Loskant

Im Radius des Attentats auf die US-Abgeordnete
Gabrielle Giffords kommen bizarre, ja zynische Auswüchse der
amerikanischen Politik ans Licht: Da markierte Sarah Palin, einst
immerhin Anwärterin auf das Amt der Vizepräsidentin der Vereinigten
Staaten, auf ihrer Internetseite den Wahlkreis von politischen
Gegnern wie der Abgeordneten Giffords mit Fadenkreuzen. Dazu schrieb
sie die Aufforderung: „Nicht nachgeben – nachladen!“ Ist das etwa die
neue Definition des „Landes der unbegrenzten Möglichkeiten“? Ferner
findet man in den Berichten über das Blutbad von Arizona Details von
tragischer Symbolik: Das neunjährige Mädchen, das ums Leben kam, war
just an dem Tag geboren worden, an dem die Zwillingstürme von New
York fielen und in Amerika eine neue Zeitrechnung begann: der 11.
September 2001.

Nun ist die Tat eines verwirrten jungen Mannes sicher nicht
ursächlich mit geschmacklosen Possen der Republikanerin Palin in
Verbindung zu bringen. Aber in der Gesamtbetrachtung fallen das
Attentat und seine Umstände in eine Zeit der Klimaveränderung, die
das ganze Land erfasst hat. In Anlehnung an das viel diskutierte Wort
von Ex-Bischöfin Margot Käßmann über Afghanistan kann man
formulieren: Nichts ist gut in Amerika.

Positive Nachrichten aus Übersee sind extrem selten geworden: Die
Präsidentschaft von Barack Obama, der angetreten war, die Nation nach
der Bush-Ära wieder zu einen, hat die Spaltung des Landes weiter
vertieft. Der Protest gegen Obama kanalisiert sich in der
erzkonservativen Tea-Party-Bewegung, in der sich inzwischen Millionen
enttäuschte Amerikaner sammeln. Für Obama wäre es höchste Zeit,
innenpolitische Erfolge zu verbuchen, doch sein Slogan „Yes we can“
ist verstummt. Heute leben mehr Amerikaner in Armut als zu
Bush-Zeiten, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Pläne für
grundlegende Reformen verwässerten im Parteiengezänk. Und just am Tag
vor dem Attentat wurde bekannt, dass ein erregter Finanzminister
Timothy Geithner in einem Brief alle Abgeordneten vor dem drohenden
Staatsbankrott warnt. Den „American Way of Life“, einst Vorbild für
die ganze Welt, kennen viele Amerikaner heute nur noch aus den
Geschichtsbüchern.

Auf dem Boden zunehmender sozialer Spannungen gedeihen radikale
Positionen und der Hass, der schließlich in Gewalttaten mündet.
Friedensnobelpreisträger Obama, das ist zur Hälfte seiner Amtszeit
klar, hat weder außenpolitisch noch in seinem eigenen Land für
Frieden sorgen können. Seine Visionen von einem besseren Amerika,
wegen der er gewählt wurde, sind Phantasien geblieben. Die Aussichten
für die verbleibenden zwei Amtsjahre sind düster: Durch die verlorene
Mehrheit im Kongress ist das Regieren noch schwieriger geworden. Die
Krise der amerikanischen Gesellschaft dürfte sich ausweiten – Ausgang
ungewiss. Wir sollten besorgt sein, denn es gilt der Spruch: Wenn
Amerika hustet, fängt sich Europa die Grippe ein.

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