Zehn Tage nach der Katastrophe vor der italienischen
Insel Giglio entwickelt sich das Geschehen um das havarierte
Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ zum peinlichen Krimi um Schuld und
Sühne. Die Verantwortung für Chaos und grobe Fahrlässigkeiten
versuchen sich der Kapitän und die Reederei gegenseitig zuzuschieben.
Dass die Black Box darauf keine Antwort geben wird, weil das Backup
der Sprachaufzeichnung seit 15 Tagen defekt war, wie Kapitän
Francesco Schettino aussagte, zeigt entweder, wie fahrlässig man mit
einem wichtigen System an Bord umging oder dass hier bewusst
getrickst wurde. Fest steht, viele Fragen werden unbeantwortet
bleiben. Ohnehin ist das Ausmaß der Katastrophe noch nicht abzusehen.
Nicht nur weil noch immer über 20 Menschen vermisst werden, sondern
auch weil die Umwelt in der Küstenregion durch den hochgiftigen
Treibstoff gefährdet ist. Sollte der ins Meer geraten, dann werden
zwar keine Menschen mehr, aber die Fauna und Flora eines der letzten
Rückzugsgebiete vor den ohnehin schwer belasteten italienischen
Küsten sterben. In der Folge wäre auch der Tourismus bedroht. Die
Vorgänge haben gezeigt, dass die Kreuzfahrtbranche einen gefährlichen
Kurs nimmt: Die Schiffe werden immer größer, die Passagen immer
billiger. Die Konsequenz: Bei einer Havarie wird es immer
schwieriger, geordnete Rettungsaktionen für Tausende von Menschen
durchzuführen. Gleichzeitig wird unter zunehmendem Preisdruck
unqualifiziertes, billiges Personal eingestellt, das bei
unvorhergesehenen Ereignissen überfordert ist. Lippenbekenntnisse,
man wolle Notfall- und Sicherheitsregeln prüfen, klingen wie Hohn.
Eine Korrektur ist nicht in Sicht, Traumschiffe werden zum Risiko für
Passagiere und Umwelt. Wäre der Anlass nicht so tragisch, könnte man
galgenhumorig lachen: Ein Brite konnte noch zwei Tage nach dem
Unglück eine Kabine auf der „Costa Concordia“ buchen. Das haben wir
uns als Kinder beim Lesen von Gruselmärchen immer gewünscht: Als
blinder Passagier auf einem Geisterschiff mitzufahren. Aber nicht auf
einem Kreuzfahrtriesen, auf dem Tod, Vernichtung, Chaos und
Inkompetenz bittere Realität geworden sind.
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Volker Feuerstein
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