FZ: „Vor die Wand gefahren“ Kommentar der „Fuldaer Zeitung“ (Samstagausgabe, 7. Januar) zu Saarland/FDP

Jamaika-Koalition – das hört sich entspannt an: Ein
Bündnis von lässigen Menschen, die unter ewiger karibischer Sonne
sorglos in den Tag hinein leben, komplizierte Rhythmen auf
Blechkanistern trommeln und so tolerant sind, dass auch der
demonstrative Konsum illegaler Rauchwaren nicht mal mit einer
hochgezogenen Augenbraue quittiert wird. Soweit das Klischee. Doch
das Saarland liegt nicht südlich von Kuba. Und der Nieselregen von
Saarbrücken ließ offenbar keine Urlaubsstimmung in der
Regierungsmannschaft aufkommen. Das so hoffnungsfroh gestartete
Experiment Jamaika-Koalition jedenfalls ist kolossal vor die Wand
gefahren – und dürfte damit auch im Bund und anderen Ländern als
Option vorerst gestorben sein. Schuld daran waren augenscheinlich
nicht die Grünen, die in der Vergangenheit bundesweit immer mal
wieder für veritable Koalitionskräche gut waren, sondern ausgerechnet
die FDP, die nach der Saar-Wahl 2009 vor Kraft kaum laufen konnte und
nur wegen der CDU-Schwäche die schwarz-gelbe Wunschkoalition
verfehlte. Das daraufhin geschmiedete schwarz-gelb-grüne Experiment
stand von Anfang an unter keinem guten Stern, und die FDP hatte daran
gehörigen Anteil: So gab es sehr bald Gerüchte, ein einflussreicher
FDP-Lokalpolitiker, Hotelier und Geschäftsmann habe sich mehr oder
weniger eine Wunschkoalition nach eigenem Gusto – und zum eigenen
Vorteil – zusammengestellt. Wenn man sich die schier endlosen
Scharmützel an der Spitze der FDP-Fraktion in den vergangenen Monaten
vor Augen hält, spricht viel für die These, dass diese besondere
Konstellation die Liberalen zwischen Saar und Hunsrück nahezu
unführbar gemacht hat. Zusammengehalten wurde das Dreierbündnis vor
allem vom ebenso leutseligen wie bewährten CDU-Landesvater Peter
Müller, der das Ächzen und Knirschen in der Koalition eine Zeitlang
einigermaßen zu übertönen wusste. Es ist kein Zufall, dass das
fragile Gebilde ausgerechnet jetzt auseinanderbricht, da
Ex-Ministerpräsident Müller als Richter nach Karlsruhe gegangen ist
und seine Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit einem
Scherbenhaufen zurückgelassen hat. Dass die neue Regierungschefin die
Nachricht vom Ende der Koalition ausgerechnet in dem Moment platzen
ließ, als FDP-Bundeschef Philipp Rösler in Stuttgart seine
Dreikönigsrede hielt, lässt vermuten, dass Kramp-Karrenbauer auch in
fernerer Zukunft nicht an einem Bündnis mit der FDP interessiert ist.
Sonst hätte sie eine solche Provokation wohl vermieden. Für Rösler
indes war es ein weiterer Schlag in die Magengrube. Als Chef einer –
zumindest nach derzeitigen Umfragen – Splitterpartei versucht er es
mit innerparteilichen Beschwörungen, die ein wenig an Voodoo erinnern
– womit wir wieder in der Karibik wären. In einem Punkt allerdings
hat Rösler ohne Zweifel recht: Deutschland braucht eine starke
liberale Partei. Eine Partei aber, die sich in
Klientel-Abhängigkeiten verstrickt, macht sich selbst überflüssig.
Dieses Beispiel aus Saarbrücken sollte auch der Bundes-FDP Warnung
genug sein.

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