Das GroKo-Sondierungspapier sprach nebulös davon, dass man „mit
einem neuen Rahmen den vielfältigen Wünschen und Anforderungen in der
Arbeitszeitgestaltung gerecht werden“ will. Jetzt muss dieser Rahmen
in den Koalitionsverhandlungen skizziert werden. Neben einer Änderung
der Arbeitszeitordnung stehen die Gesetze „zur sozialrechtlichen
Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen“ („Flexi I-Gesetz 1998;
Flexi II-Gesetz 2009) in der Diskussion. Im Klartext geht es um die
Einrichtung von sogenannten Zeitwertkonten. Viele Großunternehmen
machen von diesem Instrument bereits Gebrauch, um den Interessen der
Beschäftigten bei Mehrarbeitsbedarf und im Zuge der Digitalisierung
von Arbeitsprozessen gerecht zu werden. Im Mittelstand sind
Zeitwertkonten jedoch noch kaum verbreitet. Insbesondere ein junger
CDU-Abgeordneter will dies jetzt ändern.
Dazu fand sich bereits am 6. November 2017 in Berlin eine
hochkarätige Expertengruppe ein. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai
Whittaker (Wahlkreis Rastatt) und die diz Deutsches Institut für
Zeitwertkonten und Pensionslösungen AG hatten dazu eingeladen. Mit am
Tisch saßen unter anderem Spitzenvertreter der Arbeitgeberverbände
und der Gewerkschaften. Zeitgleich hatten sich damals die Jamaika-
Sondierer darauf geeinigt, eine Zeitwertkonten-Reform auf ihre
Koalitionsagenda zu setzen.
Viele Unternehmen führen Kurzzeitkonten, um Plus- und Minusstunden
der Mitarbeiter innerhalb eines Monats oder doch zumindest innerhalb
eines Jahres auszugleichen. Ein Zeitwertkonto dient nicht dem
Ausgleich kurzfristiger Auslastungsschwankungen. Der Sinn ist, dass
Mitarbeiter ihre Mehrarbeitsstunden oder Resturlaub in „echtes Geld“
verwandeln und langfristig wieder in „mehr Zeit“ zurücktauschen
können. Das ist einmalig in Europa und – zusammen mit weiteren
Möglichkeiten für zeitflexibles Arbeiten – laut einer Studie der
Hans-Böckler-Stiftung der eigentliche Grund des deutschen
Wirtschaftserfolgs seit der Finanzkrise 2008. Die Einbringung von
Zeit als Wert kann durch vielfältige Sonderzahlungen bis hin zu
freiwilligen Zuschüssen des Arbeitgebers ergänzt werden. Der
eingezahlte Lohn gilt als „nicht zugeflossen“ und ist bis zu seiner
späteren zweckbestimmten Verwendung von Steuern und Sozialbeiträgen
befreit. Ähnlich wie in der betrieblichen Altersversorgung führt dies
zu deutlich „mehr netto von brutto“.
Die Wertguthaben können flexibel für befristete Auszeiten
(„Sabbaticals“, z.B. längere Elternzeit) oder zur Überbrückung von
Einkommenslücken (Altersteilzeit, Vorruhestand) bis zum
Renteneintrittsalter genutzt werden. Letzteres ist bisher die
häufigste Verwendungsart. Die sozialversicherungsfreie Übertragung
von Zeitwertguthaben zur Aufstockung von Betriebsrenten ab dem
Rentenalter ist hingegen mit dem Flexi II-Gesetz 2009 nur noch
steuerlich begünstigt. Planmäßig können nur bis zum 13.11.2008 in
Zeitwertkonten eingezahlte Beiträge für höhere Betriebsrenten genutzt
werden. Eine Ausnahme besteht, wenn das Zweitwertguthaben vor Beginn
des Rentenalters aus unerwarteten Gründen nicht genutzt werden
konnte. Dies hat das Interesse an Zeitwertkonten gedämpft. Die
Experten waren sich einig, dass es künftig wieder eine eindeutige
Verzahnungsmöglichkeit mit SV-befreiten Überträgen vom Zeitwertkonto
in die Betriebsrente geben sollte.
Die Ausgestaltungs- und Verwendungsmöglichkeiten von
Zeitwertkontenmodellen sind ansonsten vielfältig. Regeln und Zwecke
müssen allerdings von Anfang schriftlich und klar festgelegt sein.
Laut Gesetz muss der Arbeitgeber allerdings auch dafür Sorge tragen,
dass zum Zeitpunkt der planmäßigen Inanspruchnahme das eingezahlte
Kapital gesichert ist. Das kann in der Praxis bei kurzen Ansparzeiten
problematisch sein und beeinträchtigt insbesondere die
zwischenzeitliche Nutzung der Konten wie etwa zum Zweck der
betrieblichen Weiterbildung oder für Sabbaticals. Daher empfiehlt
sich eine Lockerung dieser Regelung.
Mittelständischen Unternehmen wird die Einführung von
Zeitwertkonten durch komplizierte steuer- und
sozialversicherungsrechtliche Regelungen erschwert. Arbeitnehmer
klagen, dass sie ihr Konto bei Arbeitgeberwechsel oft nicht
übertragen können: Bietet der neue Arbeitgeber kein Zeitwertkonto an,
kann man das Guthaben zwar bei der Deutschen Rentenversicherung
„parken“. Ist dieses jedoch kleiner als 15 TEUR (alte Länder) bzw. 12
TEUR (neue Länder), wird es dort aktuell nicht angenommen. Das Konto
muss aufgelöst, nachversteuert und verbeitragt werden.
Grundsätzlich zu klären bleibt die Frage, ob auch Geschäftsführer
ein Zeitwertkonto führen dürfen. Bisher bewerten Finanzverwaltung und
Gerichte dies als verdeckte Gewinnausschüttung und fordern die
unmittelbare Lohnversteuerung der eingezahlten Beträge. Im Interesse
des Mittelstands streitet die diz AG für die Abschaffung dieser
Einschränkung. Damit bekämen auch die Organe eines Unternehmens ein
unmittelbares Eigeninteresse an der Einführung von Zeitwertkonten.
Eine Liste mit den wichtigsten Reformstichpunkten aus der
Expertendiskussion hat Kai Whittaker seinen Abgeordnetenkollegen an
die Hand gegeben. Jetzt hofft er auf Entgegenkommen der SPD. Immerhin
hat auch SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles in ihrem Weißbuch
„Arbeiten 4.0“ eine stärkere Verbreitung von Zeitwertkonten
gefordert.
Pressekontakt:
diz Deutsches Institut für Zeitwertkonten und Pensionslösungen AG
Leander L. Hollweg, Unternehmenskommunikation und Volkswirtschaft
Landsberger Alle 366
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