Ein Kommentar von Oliver Schade
Europa kann aufatmen. Nach langen, kontroversen Diskussionen hat
das griechische Parlament gestern dem Sparpaket der Regierung
Papandreou zugestimmt. Die höchste Hürde für die nächste Hilfstranche
in Höhe von zwölf Milliarden Euro von EU und Internationalem
Währungsfonds ist damit genommen. Bis zum Ende der Griechenland-Krise
ist es allerdings noch ein weiter Weg. Zunächst muss die Athener
Regierung das ambitionierte Sparprogramm gegen den Willen eines
großen Teils der eigenen Bevölkerung umsetzen. Beschäftigte,
Freiberufler, Rentner, Arbeitslose – sie alle stehen vor zum Teil
drastischen Einschnitten. Ein Volk zahlt die Zeche für Fehler und
Betrügereien eines über viele Jahrzehnte korrupten politischen
Systems. So bitter die Maßnahmen für den Einzelnen auch sein mögen,
an dem Sparkurs führt kein Weg vorbei. Griechenland musste ein Signal
an die Weltgemeinschaft senden, dass es die Sanierung seiner maroden
Staatsfinanzen ernsthaft in Angriff nimmt. Hätte das Parlament seine
Zustimmung verweigert, wäre das Land bankrott gewesen mit nicht
vorhersehbaren Folgen für andere südeuropäische Staaten und den Euro.
Doch das Sparpaket ist nur ein Teil im komplizierten „Wie rettet man
Griechenland“-Puzzle. Zum notwendigen Abbau des gigantischen
Schuldenbergs tragen die Maßnahmen nicht einen Cent bei. Hier werden
in den kommenden Monaten die Gläubiger gefragt sein. Allen voran die
privaten Banken in Frankreich und Deutschland sowie die Europäische
Zentralbank (EZB), die das Gros der fast wertlosen
Griechenland-Anleihen hält. Ohne einen umfangreichen
Forderungsverzicht wird Athen nicht zu retten sein. Das haben
mittlerweile auch die Manager in den Chefetagen der europäischen
Geldhäuser verstanden. Europa darf allerdings nicht nur zurückschauen
– auf die Schulden der Vergangenheit. Griechenland braucht vor allem
eine ökonomische Zukunft. Mit welchen eigenen Produkten und
Dienstleistungen kann das angeschlagene Land wieder auf den
Wachstumspfad zurückkehren? Und wie kann Europa dabei helfen? Diese
Fragen müssen schnell und kompetent beantwortet werden. Denn nur ein
prosperierendes Griechenland wird seine Staatsfinanzen langfristig
selbst in Ordnung halten können.
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