Charlotte Knobloch, ehemalige Präsidentin des
Zentralrates der Juden in Deutschland, kritisiert mit scharfen Worten
eine Justiz-Entscheidung und sieht eine generelle Großzügigkeit in
Teilen der Justiz gegenüber Rechtsextremismus. Die Chemnitzer
Staatsanwaltschaft hatte keine Einwände gegen den Verkauf kleiner
Galgen mit den Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und
Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Die Behörde hatte ein
entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen den Verkäufer eingestellt,
«da im konkreten Fall kein Straftatbestand als erfüllt angesehen
wird», hieß es in einer Mitteilung der Behörde. Dazu sagte Knobloch
der „Heilbronner Stimme“ (Freitag): „Die Begründung ist für mich
nicht nachvollziehbar und übersieht die reale Gefahr durch die
rechtsextreme Bedrohung. Viele werden hierin einen Freibrief für
Gewaltandrohung und Einschüchterung sehen.“
Knobloch betonte weiter: „Die Großzügigkeit gegenüber
Rechtsextremismus in Teilen der Justiz ist erschreckend:
Versammlungs- und Demonstrationsverbote von Behörden gegenüber
Neonazis werden kassiert, die antisemitischen Motive hinter Taten
werden negiert oder relativiert. Das sind für mich Zeugnisse zu
großer Leichtfertigkeit oder sogar Blindheit gegenüber rechtsextremen
Phänomenen. Das widerspricht meinem Verständnis von einem wehrhaften
Staat.“
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und
Oberbayern fügte hinzu: „Ich frage mich, an welcher Stelle in unserem
Rechtsstaat der Geist von Artikel 18 Grundgesetz zum Tragen kommt,
wonach man Freiheitsrechte verwirkt, wenn man sie zum Kampf gegen die
freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht. Die zunehmende
Verrohung unserer Gesellschaft ist besorgniserregend. Die
Gewaltbereitschaft gegenüber Amts- und Mandatsträgern ist
erschreckend. Gerade angesichts der braunen Renaissance auch in
unserem Land darf es nicht sein, dass der Kampf gegen
Rechtsradikalität vor allem der engagierten und couragierten
Zivilgesellschaft aufgelastet wird.“
Die Staatsanwälte in Chemnitz halten beim Verkauf der
Miniaturgalgen weder den Tatbestand der «öffentlichen Aufforderung zu
Straftaten» noch eine Störung des «öffentlichen Friedens durch
Androhung von Straftaten» für erfüllt. Dies setze voraus, dass der
Beschuldigte «die Tötung der beiden Politiker in Aussicht gestellt
und vorgegeben hätte, dies läge in seinem Einflussbereich». Bei
objektiver Betrachtung könne das Verhalten auch dahingehend
verstanden werden, «den genannten Politikern symbolisch den
politischen Tod zu wünschen». Bereits im Frühjahr hatte die
Staatsanwaltschaft Dresden einen ähnlichen Fall nicht weiter
verfolgt. Dabei ging es praktisch um das Original der jetzt zum
Verkauf angebotenen Duplikate. Der Produzent hatte den Galgen 2015
auf einer Kundgebung der islam- und ausländerfeindlichen
Pegida-Bewegung in die Höhe gehalten.
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