Die Hilfsorganisation Sea Watch hat das
Bootsunglück mit bis zu 250 Toten im Mittelmeer als dramatische Folge
eines Rückzugs bei der Seenotrettung seitens der EU bezeichnet. „Es
ist ein kalkuliertes Sterbenlassen“, klagte Joshua Krüger, Aktivist
bei Sea Watch und ein Sprecher der Organisation gegenüber der
„Heilbronner Stimme“. Die Rettungseinsätze der Militäroperation vor
der Küste Libyens seien von der Europäischen Union immer weiter
zurückgefahren worden.
Private Organisationen wie Sea Watch fühlten sich alleingelassen.
„Dass Flüchtlinge im Mittelmeer sterben, ist als Abschreckung
erwünscht“, empörte sich Krüger.
Dass tatsächlich 250 Flüchtlinge wie vom UN-Flüchtlingshilfswerk
angegeben vor der Küste Libyens ertrunken sind, hält Krüger für
realistisch. „Die Schlauchboote fahren ja nicht halb besetzt los.
Meistens sind mehr als 100 Menschen an Bord. Bei zwei Booten halte
ich die Zahl von 250 toten Menschen für glaubwürdig.“ Da die Saison
der Überfahrten über das Mittelmeer erst beginnt, warnte Krüger vor
einem „massenhaften Sterben im Mittelmeer“. „Wir steuern auf ein
Chaos zu“, sagte der Sea-Watch-Aktivist. Die Menschen nach Libyen
zurückzuschicken sei keine Option. „Dort werden die Menschen
gefoltert, Vergewaltigungen finden statt. Libyen als sicheres
Herkunftsland einstufen zu wollen, ist der blanke Hohn.“
Nach EU-Schätzungen warteten noch etwa 300.000 Menschen in Libyen
auf eine Überfahrt nach Europa, sagte Krüger. Die Sea-Watch 2 ist
seit einer Woche wieder vor der Küste Libyens aktiv. In einer
Rettungsmission am 19. März war sie an der Rettung von rund 570
Menschen beteiligt, wobei mehr als 250 Menschen an Bord genommen
wurden. 2016 war allein die Sea-Watch 2 nach Angaben der Organisation
an der Rettung über 20.000 Menschen vor Libyen beteiligt.
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