Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier macht mobil. Zusammen
mit seinen drei Amtskollegen aus Frankreich, Italien und Polen übt er mit einem 
Brief Druck auf Vize-EU-Kommissionspräsidentin Margrethe Vestager aus. Europas 
Industriepolitik soll robuster werden – wohl gegen China und die USA. Wie? Durch
erleichterte Fusionen europäischer Konzerne, damit sie besser in der Lage sind, 
mit ihren Rivalen aus China und den USA zu konkurrieren. Ein Expertengremium 
soll der Generaldirektion Wettbewerb künftig beibiegen, welche Zusammenschlüsse 
nach Art von Siemens und Alstom oder Thyssenkrupp und Tata sie durchzuwinken 
hätte.
Europa soll auch robuster werden durch Einhegung der US-Technologiekonzerne, die
angeblich ihre Marktmacht missbrauchen. Und durch erhöhte Hürden gegen die 
Entführung europäischer Schlüsseltechnologien bei Unternehmenskäufen 
chinesischer Investoren. Das alles solle doch bitte ein bisschen plötzlich 
passieren, fordert Altmaier von Vestager.
Ganz abgesehen von der Unhöflichkeit begibt sich Altmaier mit seinen 
Bestrebungen in schlechte Gesellschaft. Er gerät in gefährliche Nähe zur 
„America First“-Politik von Donald Trump mit seiner Superbehörde CFIUS zur 
Kontrolle ausländischer Investitionen in Amerika. Und zur chinesischen 
Mofcom-Behörde, die ihre heimische Industrie schützt. Wer diese Industriepolitik
nachahmt, kann sie nicht mehr glaubwürdig kritisieren. Das ist eine schiefe 
Bahn, die abwärts führt. Erste „Erfolge“ lassen sich besichtigen: Die 
chinesischen Investitionen in Deutschland und Europa sind 2019 abermals 
zurückgegangen.
Es scheint, als seien die Protektionisten rund um den Erdball auf dem Vormarsch.
Das Wettbewerbsrecht wird allerorten zum Zwecke der Industriepolitik angepasst. 
Auch in der Welt der Fusionen und Übernahmen wachsen die Mauern zwischen den 
großen drei Wirtschaftsblöcken zusehends in die Höhe. M&A-Deals, die diese 
Grenzen überschreiten, werden seltener.
In Deutschland geht es um strengere Vorgaben bei „kritischen Technologien“, die 
laut Wirtschaftsministerium über die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands 
mitentscheiden – dazu gehören unter anderem künstliche Intelligenz, Robotik, 
Halbleiter und Quantentechnologie. Die lange Aufzählung lässt erahnen, dass die 
Bundesregierung überall dort blockieren können will, wo es ihr passt. Zu 
befürchten steht, dass auch hierzulande die nationale Sicherheit beschworen 
wird, wo es um Industriepolitik geht. Oder um das Bedienen von Ressentiments.
(Börsen-Zeitung, 07.02.2020)
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