Die Insolvenz des Versandhändlers Neckermann
verunsichert viele Verbraucher. Dr. Carsten Föhlisch, langjähriger
Leiter der Rechtsabteilung von Trusted Shops und Experte für
Verbraucherrecht, erklärt, welche Rechte Verbraucher trotz der
Insolvenz haben. Unter anderem war Dr. Carsten Föhlisch im Jahr 2009
Sachverständiger im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zur
Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht. Im
Februar 2011 wurde er als Experte zur „Button-Lösung“ im
Bundesministerium der Justiz gehört.
1. Ich habe bei Neckermann bestellt. Wird meine Ware trotz
Insolvenz noch ausgeliefert?
Dr. Carsten Föhlisch: Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig, so ist
es gesetzlich verpflichtet, Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht
anzumelden. Das Gericht hat im Anschluss die Möglichkeit, durch
sogenannte Sicherungsmaßnahmen eine Vermögensminderung zu verhindern.
Dazu wird gewöhnlich ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt,
der unter anderem die Aufgaben hat, das verbleibende Vermögen zu
erhalten sowie zu prüfen, ob die Kosten des Insolvenzverfahrens
überhaupt durch dieses gedeckt werden.
Ist nicht genügend Vermögen vorhanden, so wird die
Insolvenzeröffnung abgewiesen. In diesem Fall kann der Kunde bereits
keine Ansprüche mehr gegen das insolvente Unternehmen durchsetzen. Es
wird dann keine Ware mehr geliefert und der Kunde bekommt kein Geld
zurück. Ist die Ware allerdings bereits auf dem Weg zum Kunden, kann
dieser die Ware behalten.
Reicht das Vermögen jedoch aus, um wenigstens die Kosten des
Insolvenzverfahrens zu begleichen, so wird das Insolvenzverfahren
eröffnet und der Insolvenzverwalter benannt. Dieser führt die
Geschäfte weiter und fordert alle Gläubiger – also Personen, die noch
Geld oder Ware vom insolventen Unternehmen bekommen – auf, ihre
Forderungen innerhalb einer gesetzten Frist ordnungsgemäß bei ihm
anzumelden. Wie das Beispiel Quelle zeigt, ist es möglich, dass der
Betrieb für eine gewisse Zeit fortgeführt und die bestellte Ware
ausgeliefert wird. Im Rahmen einer Insolvenz kann eine Lieferung der
Ware jedoch nicht mehr möglich sein, wenn Großhändler das insolvente
Unternehmen nicht mehr beliefern.
2. Ich habe Ware bestellt und per Vorkasse bezahlt. Wie komme ich
an mein Geld?
Dr. Carsten Föhlisch: Hierbei handelt es sich um eine
Geldforderung gegen das insolvente Unternehmen. Es bleibt dem Kunden
nichts anderes übrig, als seine Forderung beim zuständigen
Insolvenzverwalter anzumelden. Aktuelle Informationen hierzu erfährt
man zum Beispiel beim zuständigen Amtsgericht. Grundsätzlich besteht
die Möglichkeit vom bestehenden Kaufvertrag zurückzutreten. Hat der
Kunde jedoch bereits den vollen Kaufpreis geleistet oder einen Teil
angezahlt, so müssen diese Forderungen beim Insolvenzverwalter
angemeldet werden. In vielen Fällen erhält der Gläubiger im Rahmen
der Abwicklung nur einen Bruchteil seines Geldes zurück.
3. An wen richte ich meinen Widerruf, wenn Neckermann insolvent
geht?
Dr. Carsten Föhlisch: Der Widerruf wird weiterhin an das
Unternehmen selbst gerichtet. Dabei wird das Unternehmen durch den
Insolvenzverwalter vertreten. Möchte der Käufer von seinem
gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch machen, sollte er beachten, dass
dies zwar möglich ist, aber eventuell kein Geld zurückerstattet wird,
da das Unternehmen den Betrag nicht zurückerstatten kann. Sofern die
Ware vollständig bezahlt wurde empfiehlt es sich also, diese auch zu
behalten oder eventuell anderweitig zu verkaufen. Andernfalls müsste
die Forderung zur Rückzahlung beim Insolvenzverwalter angemeldet
werden.
4. Wie sieht es mit Gewährleistungsansprüchen aus?
Dr. Carsten Föhlisch: Hierbei handelt es sich um ein großes
Problem. Das insolvente Unternehmen wird wahrscheinlich nicht mehr im
Stande sein, Gewährleistungsansprüche zu erfüllen. Hat der Kunde
jedoch eine Herstellergarantie auf seine Ware, so hat er Glück im
Unglück: Tritt bei der Ware ein Defekt auf, so kann er beim
Hersteller die Reparatur oder einen Austausch fordern, sofern der
eintretende Fall durch die Garantiebedingungen des Herstellers
abgedeckt ist. Hierbei ist die Garantie nicht mit der gesetzlichen
Gewährleistung zu verwechseln. Eine Garantie ist ein freiwilliges
Versprechen des Herstellers, der für einen bestimmten Zeitraum eine
einwandfreie Funktionsweise garantiert.
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