Der typische Nutzer kostenloser offener
Onlinekurse zur Informationstechnologie ist 30 bis 40 Jahre alt,
männlich und arbeitet seit mehr als zehn Jahren in einem technischen
Beruf mit hohem IT-Anteil. Diese erste Strukturanalyse zu so
genannten Massive Open Online Courses (MOOCs) hat das Potsdamer
Hasso-Plattner-Institut (HPI) ein Jahr nach dem Start seiner
interaktiven Internet-Bildungsplattform openHPI.de vorgelegt. Dort
bewege sich die Zahl interessierter Online-Lerner aus aller Welt
mittlerweile auf 50.000 zu, teilte Institutsdirektor Prof. Christoph
Meinel mit.
Von allen aktiven Teilnehmern habe in den vergangenen zwölf
Monaten gut die Hälfte erfolgreich mit einem Zertifikat
abgeschlossen, berichtete der Informatikwissenschaftler. Als aktive
Nutzer sieht das openHPI-Team solche unter den eingeschriebenen
Teilnehmern an, die Hausaufgaben abgeben und sich an Diskussionen im
Forum beteiligen. Jeder Dritte gehört dazu. „Und betrachtet man die
Gesamtzahl aller, die sich für unsere Kurse eingeschrieben haben,
schließen im Durchschnitt 17 Prozent mit einem Zertifikat ab“, freut
sich Meinel. Bei einzelnen Kursen habe die Erfolgsquote sogar bis zu
23 Prozent betragen. Amerikanische Anbieter hingegen berichteten über
Abschlussraten, die im einstelligen Prozentbereich liegen, so der
HPI-Direktor.
Kein Jugendphänomen
Die Erfolgsquote ist nach Meinels Worten bei den männlichen und
weiblichen openHPI-Teilnehmern ähnlich. Der Anteil derjenigen, die
openHPI-Kurse mit Zertifikat abschließen, ist in der Altersgruppe der
40- bis 50-Jährigen besonders hoch. „MOOCs sind also kein
Jugendphänomen, sondern ein wichtiger Beitrag zum komfortablen
lebenslangen Lernen von Berufstätigen“, folgert der Potsdamer
Informatikwissenschaftler.
Die Nutzerschaft ist jedenfalls breit gestreut, reicht von der
Schülerin bis hin zum pensionierten Wissenschaftler. Prof. Dr. Albert
Endres (80) aus Sindelfingen mailte „zum Beweis, dass 80-Jährige mit
16-Jährigen mithalten können“ sein im Kurs über Web-Technologien
erzieltes openHPI-Zertifikat an Kollegen und berichtete dabei: „Wo
ich bei Detailfragen und Kodiertricks kniff, holte ich bei
Allgemeinwissen wieder auf“. Seine Erlebnisse veranlassten den
begeisterten Senior-Blogger auch dazu, openHPI in seinem
Online-Tagebuch ausführlich darzustellen: http://ots.de/GilYl.
Wer an offenen Onlinekursen teilnimmt, hat reges Interesse am
Austausch untereinander: Durchschnittlich registriert das
openHPI-Team jeweils rund 2.900 Diskussionsbeiträge pro Kurs. „Diese
Diskussionen sind gewissermaßen das Herzstück und machen unsere Kurse
zu einmaligen Lern-Erlebnissen“, unterstreicht Tele-Teaching-Pionier
Meinel. Was die Tonalität der Beiträge anbetrifft, lobt Meinel den
Diskussionsstil bei englischsprachigen Teilnehmern: „Die sind in der
Regel höflicher als die deutschen“. Zur hohen Aktivität der
openHPI-Nutzer passt, dass die Aussteigerquote relativ gering ist:
Von denen, die nach der ersten von sechs Kurswochen Hausaufgaben
einreichen, bleiben oft bis zu 75 Prozent bis zur Abschlussprüfung
dabei.
Die meisten lernen zwischen 20 und 22 Uhr im Web
Montags werden die offenen Onlinekurse des HPI am häufigsten
genutzt, da an diesem Wochentag die Hausaufgaben abgegeben werden
müssen. Gut 27 Prozent der Besuche auf der sozialen Bildungsplattform
finden am Wochenende statt. Die Aktivität der Online-Lerner ist
zwischen 20 und 22 Uhr am höchsten, verteilt sich aber über den
ganzen Tag. Im Durchschnitt dauert ein Besuch auf openHPI rund 25
Minuten.
Mittlerweile gibt es openHPI-Nutzer auf allen Kontinenten und in
114 Ländern der Erde. Die Verteilung unterscheidet sich danach, ob
der Kurs in deutscher oder englischer Sprache angeboten wird: Bei
deutschsprachigen Angeboten loggen sich 87 Prozent der Teilnehmer von
Deutschland aus ein, bei englischsprachigen Kursen wird die
openHPI-Seite in der Hälfte der Fälle vom Ausland aus besucht. Die
meisten Anhänger außerhalb Deutschlands hat die IT-Bildungsplattform
des Hasso-Plattner-Instituts in den USA, in Russland, Großbritannien
und Spanien.
Im Forum werden persönliche Einschätzungen diskutiert
Im Diskussionsforum äußern sich die openHPI-Nutzer frank und frei
über ihre Lernerlebnisse. „Ich habe viel gelernt, manchmal geflucht
(arg, soviel Theorie, Abstraktes), um zwei Wochen später
festzustellen, das hat ja doch alles seine Gründe“, schreibt
beispielsweise „Martin. S“. „Datenschnabel“ hinterlässt die
Einschätzung „Diese Art des Lernens ist neben Beruf und anderen
Verpflichtungen nahezu ideal“. Martina G. hebt vor allem die
Kostenfreiheit von openHPI-Kursen hervor: „I consider that as an
immense social contribution on the part of the HPI“, formuliert sie.
Ein kirgisischer Teilnehmer wirbt um Verständnis dafür, das Lernende
in weniger gut erschlossenen Weltregionen mit manchen technischen
Problemen und damit Abgabeterminen zu kämpfen haben: „Ich schreibe
diese Hausaufgabe in Bishkek. Die Internetverbindung hier ist
instabil und kommt nach dem Absturz nicht unbedingt gleich wieder“.
Künftig mehr spielerische Elemente
Derzeit arbeitet das openHPI-Team rund um Institutsleiter Meinel
daran, die Plattform technisch für weiteres Wachstum zu rüsten.
Gleichzeitig sollen durch „Gamification“ vermehrt spielerische
Elemente eingesetzt werden, um Motivation und Lernerlebnis zu
erhöhen. So ist unter anderem daran gedacht, die Nutzer bewerten zu
lassen, wie gut sie Forums-Beiträge und -Antworten finden. Ferner
soll es „Badges“ geben, also Auszeichnungen für besonderes
Engagement, beispielsweise hohe Aktivität in Forums-Diskussionen.
Zudem soll eine neuartige Navigation auf einen Blick anzeigen, welche
Kursinhalte noch nicht bearbeitet worden sind.
Frisches Uni-Wissen auf openHPI.de stark genutzt
Das Institut hatte openhpi.de im September 2012 mit einem
englischsprachigen Kurs von HPI-Stifter und SAP-Mitgründer Prof.
Hasso Plattner zur neuen In-Memory-Datenbanktechnologie gestartet.
Mehr als 15.000 Interessenten nutzten ihn. Ende Oktober erhielten
2.132 Teilnehmer ein Zertifikat für die gemeisterte Abschlussprüfung.
Der zweite Online-Kurs, geleitet von Institutsdirektor Prof.
Christoph Meinel und in deutscher Sprache angeboten, hatte die
technische Funktionsweise des Internets zum Thema. 11.000
Interessenten nahmen teil. 1.662 Lernende bekamen per Zertifikat den
erfolgreichen Abschluss bescheinigt. Den dritten Kurs, diesmal mit
dem Thema semantische Suche im Internet und in englischer Sprache
durchgeführt von Senior Researcher Dr. Harald Sack, verfolgten mehr
als 6.000 Teilnehmer. 778 davon erhielten ein Zertifikat. Am 8. April
startete der vierte Kurs. Geleitet von HPI-Professor Felix Naumann
widmete er sich in deutscher Sprache dem Thema „Datenmanagement mit
SQL“. Gut 7.400 Teilnehmer machten mit, 1641 bekamen ein Zertifikat.
Den fünften Kurs mit dem Titel „Web-Technologien“ (Leitung: Prof.
Christoph Meinel) nahmen rund 7.350 Teilnehmer wahr, 1.726 schlossen
mit Zertifikat ab.
openHPI: Vorbild sind Massive Open Online Courses (MOOC)
Die Internet-Bildungsplattform openhpi.de des
Hasso-Plattner-Instituts bietet kostenlose, frei zugängliche
Onlinekurse für interessierte Teilnehmer aus aller Welt an.
Zugangsbeschränkungen gibt es nicht. Weltweit einzigartig ist die
Plattform dadurch, dass sich die Inhalte auf Informationstechnologie
und Informatik konzentrieren und die Kurse sowohl in deutscher als
auch englischer Sprache angeboten werden. openHPI folgt dem Beispiel
der „Massive Open Online Courses“, wie sie seit 2011 zunächst von der
Stanford University, später aber auch von anderen Elite-Universitäten
der USA angeboten wurden.
Im Unterschied zu „traditionellen“ Vorlesungsportalen werden bei
openhpi.de Kurse angeboten, die einem festen sechswöchigen Zeitplan
folgen – mit definierten Angebotsimpulsen wie Lehr-Videos, Texte,
Selbsttests, regelmäßige Hausaufgaben und Prüfungsaufgaben.
Kombiniert sind die Angebote mit einer sozialen Plattform, auf der
sich die Teilnehmer mit den Kursbetreuern und anderen Teilnehmern
austauschen, Fragen klären und weiterführende Themen diskutieren
können. Die Teilnehmer entscheiden selbst über Art und Umfang ihrer
Aktivitäten. Sie können in den Kurs eigene Beiträge einbringen, zum
Beispiel durch Blogposts oder Tweets, auf die sie im Forum verweisen.
Andere Lernende können diese dann kommentieren, diskutieren oder
erweitern. So werden Lernende, Lehrende und die Inhalte in einem
sozialen Lernnetzwerk miteinander verknüpft.
Kurzprofil Hasso-Plattner-Institut
Das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH (HPI)
in Potsdam ist Deutschlands universitäres Exzellenz-Zentrum für
IT-Systems Engineering. Als einziges Universitäts-Institut in
Deutschland bietet es den Bachelor- und Master-Studiengang
„IT-Systems Engineering“ an – ein besonders praxisnahes und
ingenieurwissenschaftliches Informatik-Studium, das von derzeit 450
Studenten genutzt wird. Die HPI School of Design Thinking, Europas
erste Innovationsschule für Studenten nach dem Vorbild der Stanforder
d.school, bietet jährlich 240 Plätze für ein Zusatzstudium an.
Insgesamt zehn HPI-Professoren und über 50 weitere Gastprofessoren,
Lehrbeauftragte und Dozenten sind am Institut tätig. Es betreibt
exzellente universitäre Forschung – in seinen neun Fachgebieten, aber
auch in der HPI Research School für Doktoranden mit ihren
Forschungsaußenstellen in Kapstadt, Haifa und Nanjing. Schwerpunkt
der HPI-Lehre und -Forschung sind die Grundlagen und Anwendungen
großer, hoch komplexer und vernetzter IT-Systeme. Hinzu kommt das
Entwickeln und Erforschen nutzerorientierter Innovationen für alle
Lebensbereiche. Das HPI kommt bei den CHE-Hochschulrankings stets auf
Spitzenplätze.
Pressekontakt:
HPI-Pressestelle: presse@hpi.uni-potsdam.de, Tel. 0049 (0)331
5509-119, Pressesprecher Hans-Joachim Allgaier, M.A.
Weitere Informationen unter:
http://