Anlaesslich der heutigen namentlichen Abstimmung zum ITER-Antrag im Deutschen Bundestag erklaert der stellvertretende forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion René Roespel:
In dem in Cadarache, Frankreich, in Bau befindlichen Fusions-Versuchsreaktor (ITER) soll in Versuchen die in der Sonne stattfindende Kernverschmelzung nachempfunden werden. Man hofft durch diese Experimente bis ins Jahr 2050 auf eine neue Technologie zur Energiebereitstellung.
Leider klafft bereits jetzt eine riesige Finanzierungsluecke im ITER-Haushalt. Fuer die Mitglieder von EURATOM (also die EU-Mitgliedstaaten und die Schweiz) heisst das nach derzeitigen Berechnungen mehr als eine Verdreifachung der 2001 berechneten Kosten von 2,7 auf 7,2 Milliarden Euro. Das ist nicht hinnehmbar. Insbesondere da sich die Fusionsforschung immer noch im Grundlagenstadium befindet. Ein Erfolg ist somit nicht gesichert. Selbst wenn die Experimente erfolgreich sein werden, so kaeme die Technologie fuer die notwendige Energiewende auf jeden Fall zu spaet. In dem heute zur Abstimmung stehenden Antrag fordern die Antragsteller deshalb einen Ausstieg aus dem internationalen Vertrag.
Die Kritik an ITER ist somit durchaus nach vollziehbar. Aber zur Realitaet gehoert auch, dass wir aus dem internationalen ITER-Vertrag nicht so einfach wieder heraus kommen. Laut Vertrag ist es dem ITER-Sitzland (der EU) explizit nicht erlaubt, sich einseitig aus dem Vertrag zurueckzuziehen. Vielmehr muessten alle Vertragspartner einen neuen internationalen Vertrag schliessen. Das erscheint derzeit unrealistisch. Darueberhinaus geht man bei einem moeglichen Austritt von Folgekosten von mehreren Milliarden Euro fuer die EU aus.
Die Fusionsforschung ist ein spannendes Feld der Grundlagenforschung. Fuer die Energiewende kommt sie aber zu spaet. Da ein Ausstieg aus dem ITER-Vertrag unrealistisch ist, benoetigen wir jetzt eine klare und nachhaltige Deckelung der Kosten. Dabei sollte auch die Industrie, als Nutzniesser eines erfolgreichen Experiments, staerker in die finanzielle Verantwortung genommen werden. Unter Abwaegung aller Fakten hat sich die SPD-Bundestagsfraktion deshalb bei der heutigen Abstimmung fuer Enthaltung entschieden.
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