Juncker legt Weißbuch zur Zukunft Europas vor

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat
heute (Mittwoch) ein Weißbuch zur Zukunft Europas vorgelegt. Das
Weißbuch setzt sich mit den größten Herausforderungen und Chancen für
Europa in den nächsten zehn Jahren auseinander. In fünf Szenarien
wird skizziert, wo die Union 2025 stehen könnte – je nachdem, welchen
Kurs sie einschlägt.

„Vor 60 Jahren haben die Gründerväter der EU beschlossen, den
Kontinent mit der Macht des Rechts und nicht durch den Gebrauch von
Waffen zu einen. Wir können stolz auf das sein, was wir seitdem
erreicht haben. Selbst unser dunkelster Tag in 2017 wird heller sein
als jeder Tag, den unsere Vorväter auf den Schlachtfeldern verbracht
haben“, sagte Juncker. „Zum 60-jährigen Jubiläum der Römischen
Verträge gilt es, für ein geeintes Europa der 27 eine Vision für die
Zukunft zu entwickeln. In diesen Zeiten sind Führungsstärke, Einheit
und gemeinsamer Wille gefragt. Im Weißbuch der Kommission werden
verschiedene Wege skizziert, die dieses geeinte Europa der 27 künftig
einschlagen könnte. Das ist der Beginn und nicht das Ende eines
Prozesses, und ich hoffe nun auf eine ehrliche und umfassende
Debatte. Die Form wird dann der Funktion folgen. Die Zukunft Europas
liegt in unserer Hand.“

Im Weißbuch wird der Frage nachgegangen, wie Europa sich in den
nächsten zehn Jahren verändern wird; von den Auswirkungen neuer
Technologien auf Gesellschaft und Beschäftigung, über Bedenken
hinsichtlich der Globalisierung, bis hin zu Sicherheitsfragen und dem
zunehmenden Populismus. Das Weißbuch macht deutlich, vor welcher Wahl
wir stehen: Entweder werden wir von solchen Entwicklungen überrollt
oder wir stellen uns ihnen und ergreifen die neuen Chancen, die sie
mit sich bringen. Europas Bevölkerung und wirtschaftliches Gewicht
schrumpfen, während andere Teile der Welt wachsen. Im Jahr 2060
entfällt auf jeden einzelnen EU-Mitgliedstaat ein Anteil von weniger
als 1 Prozent an der Weltbevölkerung – ein guter Grund,
zusammenzuhalten, um auf diese Weise mehr zu erreichen. Europa ist
eine positive globale Kraft. Sein Wohlstand ist nach wie vor von der
Öffnung und von starken Beziehungen zu seinen Partnern abhängig.

Im Weißbuch werden fünf Szenarien beschrieben; jedes einzelne
bietet einen Ausblick, wo die Union im Jahr 2025 stehen könnte – je
nachdem, welchen Kurs Europa einschlägt. Die Szenarien decken
verschiedene Möglichkeiten ab und dienen der Veranschaulichung. Sie
schließen sich daher weder gegenseitig aus, noch sind sie
erschöpfend.

– Szenario 1: Weiter so wie bisher – Die EU27 konzentriert sich
auf die Umsetzung ihrer positiven Reformagenda entsprechend den
Politischen Leitlinien der Kommission „Ein neuer Start für
Europa“ von 2014 und der von allen 27 Mitgliedstaaten im Jahr
2016 angenommenen Erklärung von Bratislava.

– Szenario 2: Schwerpunkt Binnenmarkt – Die EU27 konzentriert sich
wieder auf den Binnenmarkt, da die 27 Mitgliedstaaten in immer
mehr Politikbereichen nicht in der Lage sind, eine gemeinsamen
Haltung zu finden.

– Szenario 3: Wer mehr will, tut mehr – Die EU27 Union verfährt
weiter wie bisher, gestattet jedoch interessierten
Mitgliedstaaten, sich zusammenzutun, um in bestimmten
Politikbereichen wie Verteidigung, innerer Sicherheit oder
Sozialem gemeinsam voranzuschreiten. Es entstehen eine oder
mehrere „Koalitionen der Willigen“.

– Szenario 4: Weniger, aber effizienter – Die EU27 konzentriert
sich darauf, in ausgewählten Bereichen rascher mehr Ergebnisse
zu erzielen, und überlässt andere Tätigkeitsbereiche den
Mitgliedstaaten. Aufmerksamkeit und begrenzte Ressourcen werden
auf ausgewählte Bereiche gerichtet.

– Szenario 5: Viel mehr gemeinsames Handeln – Die Mitgliedstaaten
beschließen, mehr Kompetenzen und Ressourcen zu teilen und
Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Auf EU-Ebene werden rascher
Entscheidungen getroffen, die zügig umgesetzt werden.

Nächste Schritte

Das Weißbuch ist der Beitrag der Europäischen Kommission zum
Gipfel in Rom, auf dem die EU ihre Errungenschaften der vergangenen
60 Jahre, aber auch ihre Zukunft als EU der 27 erörtern wird. Das
Weißbuch soll am Anfang eines Prozesses stehen, in dessen Rahmen die
EU27 die Weichen für die Zukunft der Union stellt. Um diesen Prozess
zu unterstützen, wird die Europäische Kommission zusammen mit dem
Europäischen Parlament und interessierten Mitgliedstaaten eine Reihe
von Diskussionsrunden zur Zukunft Europas in europäischen Städten und
Regionen veranstalten.

Die Europäische Kommission wird diese Gespräche in den kommenden
Monaten durch verschiedene Diskussionspapiere ergänzen, etwa

– zur Entwicklung der sozialen Dimension Europas;
– zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion auf der
Grundlage des Berichts der fünf Präsidenten vom Juni 2015;
– zu den Chancen der Globalisierung;
– zur Zukunft der europäischen Verteidigung;
– und zur Zukunft der EU-Finanzen.

Wie das Weißbuch werden diese Diskussionspapiere verschiedene
Ideen, Vorschläge, Optionen oder Szenarien für Europa im Jahr 2025
bieten, ohne in dieser Phase endgültige Beschlüsse zu präsentieren.

In der Rede Präsident Junckers zur Lage der Union im September
2017 werden diese Ideen weiterentwickelt, bevor auf dem Treffen des
Europäischen Rates im Dezember 2017 erste Schlussfolgerungen gezogen
werden könnten. Dies wird dazu beitragen, frühzeitig vor der Wahl zum
Europäischen Parlament im Juni 2019 das weitere Vorgehen festzulegen.

Hintergrund

Den Traum einer friedlichen, gemeinsamen Zukunft vor Augen, haben
die Gründungsmitglieder der EU vor sechzig Jahren mit der
Unterzeichnung der Römischen Verträge den Grundstein für ein
ehrgeiziges europäisches Integrationsprojekt gelegt. Sie kamen
überein, ihre Konflikte lieber am Verhandlungstisch als auf dem
Schlachtfeld zu lösen.

Der 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge am 25.
März 2017 ist für die Staats- und Regierungschefs der EU27 ein
wichtiger Anlass, um zu sehen, wo unser europäisches Projekt steht.
Es gilt nun, gemeinsamen Willen zu zeigen, eine bessere gemeinsame
Zukunft mit 27 Mitgliedstaaten zu gestalten.

Wie Präsident Juncker am 14. September 2016 in seiner Rede zur
Lage der Union, die die Staats- und Regierungschefs der EU27 auf dem
Gipfel in Bratislava vom 16. September 2016 ausdrücklich begrüßt
haben, angekündigt hat, legt die Kommission heute ein Weißbuch zur
Zukunft Europas vor. Dieses soll im Vorfeld des Gipfels in Rom eine
Debatte anstoßen.

Das Weißbuch wird den 27 Staats- und Regierungschefs bei ihrer
Debatte als Leitfaden dienen und dabei helfen, die Gespräche beim
Gipfeltreffen in Rom und darüber hinaus zu strukturieren. Es ist
zudem der Ausgangspunkt einer breiteren öffentlichen Debatte über die
Zukunft unseres Kontinents.

Weitere Informationen:
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-385_de.htm

Pressekontakt:
Reinhard Hönighaus
Sprecher der Europäischen Kommission in Deutschland
+49 (30) 2280-2300

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