junge Welt: Vorsitzender des bayerischen NSU-Untersuchungsausschusses: Verfassungsschutz führte in Bund und Ländern über viele Jahre unkontrolliertes Eigenleben

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum
Neonaziterror im Bayerischen Landtag, Franz Schindler (SPD), will die
parlamentarische Kontrolle über die Geheimdienste stärken, warnt aber
zugleich vor falschen Konsequenzen: »Wir haben immer noch aus guten
Gründen ein Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdienst«, sagte
der Politiker der Tageszeitung junge Welt (Mittwochausgabe). »Das
darf aber nicht bedeuten, dass der Verfassungsschutz seinen
Informationspflichten nicht nachkommt, wenn er merkt: Da braut sich
was zusammen und das kann gefährlich werden«, sagte Schindler mit
Blick auf zurückgehaltene Erkenntnisse des Inlandsgeheimdienstes über
die gewaltbereite Neonaziszene. Der Verfassungsschutz habe in Bund
und Ländern »über viele Jahre hinweg ein unkontrolliertes Eigenleben
geführt«. In Bayern, wo fünf der zehn Morde stattgefunden haben, die
bisher dem NSU zugeordnet werden können, will der
Untersuchungsausschuss des Landtags im September mit der
Beweisaufnahme beginnen. Ein Polizei-Ermittler war im Jahr 2006 von
einem rassistischen Motiv für die Mordserie an Männern mit
Migrationshintergrund ausgegangen. Diese Einschätzung wurde nicht
veröffentlicht – es sollen aber »Gefährder-Ansprachen« bei amtlich
bekannten bayerischen Neonazis erfolgt und deren Alibis überprüft
worden sein. Die Mordserie brach daraufhin ab. Der
Untersuchungsausschuss will unter anderem klären, ob dies Zufall war
oder Informationskanäle zwischen bekannten bayerischen Neonazis und
der NSU-Terrorzelle bestanden.

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