Katholische Kirche: Strafrecht wurde verschärft

Kürzlich wurde durch den Vatikan beschlossen, das Kirchenstrafrecht grundlegend zu reformieren. In Zukunft finden sich so präzisere und schärfere Regelungen zu Vermögensdelikten, Besitz und Verbreitung von Pornografie und sexuellem Missbrauch. Auch Rechtsanwälte für Strafrecht müssen sich in Zukunft darauf einstellen.

Die Kurie in Rom und die weltweiten Bischofskonferenzen haben mehr als zwölf Jahre daran gearbeitet, die Regeln des Strafrechts der Kirche, des Codex luris Canonici, zu reformieren. Die bekanntgewordenen Fälle von Kindesmissbrauch innerhalb der Kirche haben dazu einen wesentlichen Anlass gegeben.

Neue Einordnung und Bewertung von Sexualdelikten

In den vergangenen Jahren fokussierte sich die starke Kritik an dem Strafrecht der katholischen Kirche vor allem auf die sexuellen Missbrauchsfälle. Im Kirchenstrafrecht fielen diese bislang unter die Kategorie „Verstoß gegen die Zölibatspflicht“.

In Zukunft wird der sexuelle Missbrauch, wie auch die Nutzung pornografischer Internetseiten und der Besitz beziehungsweise die Verbreitung pornografischer Schriften, in die Rubrik „Straftaten gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen“ fallen. In dieser Kategorie finden sich auch Vergehen der Abtreibung und Tötungsdelikte.

Wegfall des Opportunitätsprinzips

Die Reform bringt die wesentliche Neuerung mit sich, dass es nicht mehr im Ermessen des jeweiligen Vorgesetzten steht, ob sexueller Missbrauch verfolgt wird. Zukünftig ist die Strafverfolgung sowohl gegenüber Gläubigen als auch Geistlichen verpflichtend vorgeschrieben. In diesem Bereich wurde das bisher geltende Opportunitätsprinzip somit vollständig abgeschafft.

Für Bischöfe gilt nun eine explizite rechtliche Pflicht, zum Wohl und zum Schutz der Menschen, Strafgesetze anzuwenden. In Zukunft werden so auch diejenigen bestraft, welche die Weitergabe einer Anzeige hinsichtlich sexuellen Missbrauchs nicht weitergeben. Der Geltungsbereich gestaltet sich dabei auch kirchenextern. Das bedeutet, dass die Verantwortlichen Straftaten im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch nicht nur der zuständigen Stellen der Kirche, sondern auch den Strafverfolgungsbehörden des Staates anzeigen müssen.

Mit dem Inkrafttreten der Reform gibt es – anders als im staatlichen Strafrecht – außerdem aus Sicht des Kirchenrechts keine Verjährungsfrist mehr für sexuellen Missbrauch. Auch wurde die Unschuldsvermutung gegenüber beschuldigten Personen eingeführt – diese wurde im Kirchenrecht bisher nicht berücksichtigt.

Auch Vermögensdelikte werden strenger geahndet

Im Bereich der Verwaltung von Kirchengütern herrschen durch die Reform in Zukunft ebenfalls strengere Regelungen. Grund dafür ist, dass die Kirche zuletzt oft durch diverse Meldungen über spekulative Geschäfte in den Fokus der öffentlichen Berichterstattung gerückt ist.

Kann ein fahrlässiges Handeln bei der Verwaltung von Kirchengütern festgestellt werden, ist in Zukunft eine Verpflichtung zur Wiedergutmachung möglich. Eingeführt wird außerdem ein erweiterter Korruptionstatbestand.

Die Strafen der Kirche

In der Öffentlichkeit wird häufig unterschätzt, welche großen persönlichen Folgen bei Verstößen für die Betroffenen drohen. Natürlich überwiegt das Kirchenstrafrecht nicht das Strafrecht des Staates, sondern ist nur als zusätzliche Möglichkeit der Ahndung der Kirche für innerkirchliche Regelverstöße anzusehen, allerdings sind besonders die berufsrechtlichen Konsequenzen für die Kirchenangehörigen einschneidend.

Die Kirche ist nicht befugt, Freiheitsstrafen zu verhängen, allerdings kann sie von Sühnen- oder Beugestrafen Gebrauch machen. Die Exkommunikation, also der zeitweise Ausschluss aus der Kirche, stellt die Höchststrafe dar. Der Verlust der Priesterweihe und die Amtsenthebung gehören zu den Sühnestrafen. Für Geistliche stellt die Entfernung aus dem Stand der Kleriker die weitreichendste Strafe dar. In Zukunft wird diese auch bei Fällen von sexuellem Missbrauch verhängt. Optional sind daneben auch Gehaltskürzungen und Geldstrafen.