Kauder: EU-Gipfel großer Erfolg für Kanzlerin – Europa braucht stabileres Fundament

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Volker Kauder, hat sich am heutigen Donnerstag in einem Interview mit
FOCUS Online zu den Ergebnissen des EU-Gipfels zur Stabilisierung des
Euro geäußert. Das Interview hat folgenden Wortlaut:

Wie bewerten Sie die Ergebnisse des EU-Gipfels? Kann man wirklich
von einem Durchbruch sprechen? Kauder: Die Staats- und Regierungschef
haben sich jetzt auf ein Rettungspaket zur Stabilisierung des Euro
geeinigt. Das ist ein Durchbruch in der Bewältigung der Krise und ein
großer Erfolg für die Bundeskanzlerin. Sie hat sich mit ihren
Vorstellungen im europäischen und im deutschen Interesse
durchgesetzt. Es liegt aber noch viel Arbeit vor uns. Die
Gipfelbeschlüsse müssen nun umgesetzt werden. Vor allem müssen wir
schon in naher Zukunft darüber sprechen, wie wir Europa dauerhaft ein
stabileres Fundament geben können. Das wird nur über
Vertragsänderungen gehen. Zeit, uns zurückzulehnen, ist noch lange
nicht. Auch für den Bundestag nicht, der das alles weiter
mitbegleiten wird.

Hätte der Schulden-Schnitt für Griechenland nicht schon früher
erfolgen können? Kauder: Eindeutig nein. Ein früherer
Schuldenschnitt, wie ihn Herr Gabriel immer fordert, hätte
unkalkulierbare Folgen gehabt. Erst jetzt liegen die grundsätzlichen
Beschlüsse zur Ausgestaltung des Rettungsschirms EFSF vor. Erst jetzt
zeichnen sich die Mittel ab, mit denen wir eine Ausweitung der Krise
im Fall eines Schuldenschnitts eindämmen können. Ein Schuldenschnitt
vor einem Jahr hätte alle in Europa nur kalt getroffen. Länder wie
Italien oder Spanien und natürlich auch die Banken. Man hat die Zeit
einfach gebraucht, um sich für den Fall X vorzubereiten. Schritt für
Schritt vorzugehen, war einfach richtig.

Noch ist nicht endgültig sicher, ob sich alle Banken an dem
Schuldenerlass beteiligen. Was macht Sie sicher, dass es am Ende
nicht für die Steuerzahler doch noch teurer wird? Kauder: Die
Konstruktion aller Hilfen ist zunächst einmal darauf ausgerichtet,
dass der deutsche Steuerzahler so wenig wie möglich belastet wird.
Zum Beispiel sind die Kredite, die wir über unsere Hausbank KfW an
Griechenland bis jetzt gezahlt haben, nach Auskunft von
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht vom Schuldenschnitt
erfasst. Die Bundesrepublik übernimmt im Zusammenhang mit dem
Rettungsschirm in erster Linie Garantien. Niemand kann sagen, ob sie
wirklich fällig werden. Wir tun alles, dass das nicht der Fall ist.

Der EFSF wird nun auf 1000 Milliarden Euro gehebelt. Es gibt
bereits kritische Stimmen, die sagen, auch das reiche nicht aus…
Kauder: Ich halte von solchen Debatten nichts. Die Haftungsobergrenze
bleibt. Das Geld wird so effektiv wie möglich eingesetzt. Und nun
muss der Rettungsschirm erst einmal voll arbeitsfähig gemacht werden.

Wie will Europa Druck auf Länder wie Italien machen, dass dort
tatsächlich Reformen stattfinden, ohne die eine dauerhafte Lösung der
Schuldenkrise nicht möglich wird? Kauder: Die Hilfen über den
Rettungsschirm gibt es nur bei Reformanstrengungen. Und das ist das
Wichtigste: Mit dem Rettungsschirm können wir es schaffen, dass sich
die Krise nicht weiter ausbreitet. Er löst aber nicht das
Grundproblem: Die übermäßige Verschuldung und die mangelnde
Wettbewerbsfähigkeit einiger Staaten. Dafür müssen natürlich die
Staaten selbst natürlich selbst sorgen. Und langsam sehen die Staaten
auch ein, dass sie ihren Weg korrigieren müssen. Klar ist aber auch:
Die anderen Euro-Staaten werden den großen Schuldnerländer stark auf
die Finger schauen. Das ist seit gestern Nacht auch klar. Den
Schlendrian vergangener Jahrzehnte, wie sie einige Staaten an den Tag
gelegt haben, werden die anderen Euro-Staaten nicht mehr akzeptieren.

Warum haben Sie darauf gedrungen, die Opposition für den Beschluss
zur Ausgestaltung des Rettungsfonds ins Boot zu holen? Trauten Sie
der eigenen Mehrheit nicht? Kauder: Über die Effektivierung des
Rettungsschirms gab es eine breite Debatte in der Öffentlichkeit.
Übrigens zu Recht. Deshalb mussten wir darüber auch im Plenum
diskutieren. Grundsätzliche Fragen gehören ins Plenum. Ich war mir
sicher, dass wir unsere Mehrheit in der Koalition haben. Eine noch
breitere Mehrheit ist natürlich noch besser. Der Parlamentsbeschluss
hat die Verhandlungsposition der Kanzlerin gestärkt.

Viele Abgeordnete fühlen sich überfordert angesichts der
Komplexität und der Nachhaltigkeit der Entscheidungen. Werden sie
sich daran gewöhnen müssen? Kauder: Die starke Parlamentsbeteiligung
bringt nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Der Bundestag muss
die Herausforderung, die sich aus einer solchen Krise ergibt, einfach
annehmen. Das Parlament muss sich tief in die Materie einarbeiten.
Dazu muss sie von der Regierung auch die entsprechenden Vorlagen
bekommen. Und vor allem: In Brüssel muss bei den Verhandlungen darauf
geachtet werden, dass die Parlamente nun auch mitentscheiden. Der
Prozess von Verhandlungen muss dort verändert werden. Allen muss klar
sein, dass die Parlamente grünes Licht geben müssen. Eine Folge: Die
Dinge müssen in Brüssel einfacher besser und transparenter
aufbereitet werden.

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